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Ein Berliner
holte sich den
Kabarettpreis

Super Finale im »Zweischlingen«

Von Malte Samtenschnieder
(Text und Fotos)
Quelle (WB). Gut waren sie alle. Doch letztlich hatte am Samstag bei der Endrunde des 9. Bielefelder Kabarettpreises im ausverkauften Queller Zweischlingen einer der drei Finalisten die Nase vorn. Sichtlich gerührt von der Begeisterung des Publikums und der Jury nahm Marc-Uwe Kling den an die Wand genagelten Pudding als Siegestrophäe mit nach Hause.

Seine Kollegen Hagen Range und Erik Lehmann verwies der sympathische Nachwuchskabarettist auf die Plätze zwei und drei. Eine überzeugende Performance hatten alle drei Akteure geboten, so dass es weder den Zuschauern noch der mit Thomas Held, Frank Jasper, Gerd Kelleter, Michael Krebs und Konnie Vossebein besetzten Jury leicht fiel, einen Gewinner zu küren. Letztlich waren sich Publikum und Experten aber einig. Außer dem mit 200 Euro dotierten Zuschauer- ging auch der mit 1500 Euro dotierte Hauptpreis an Marc-Uwe Kling aus Berlin.
Sowohl mit seinem melancholischen Requiem für eine tote Makrele und einer energischen Ode an die Digitalfotografie als auch mit einer mit bitterer Ironie garnierten Hommage ans Praktikantendasein sang sich der Künstler zum fingerfertigen Spiel auf seiner giftgrünen Gitarre in der Zuschauergunst ganz weit nach vorn. Viel Applaus erntete er zudem für hintergründige Gedanken zum alltäglichen Computerfrust.»„Regelmäßig spuckt mein Drucker zwei Blätter aus. Warum kann mir das nicht mal am Geldautomaten mit 50-Euro-Scheinen passieren?«
Mit einem voll schwebender Künstlichkeit intonierten »Lippenfurz« begrüßte Hagen Range das Publikum, bevor er im Mikrokosmos Spülbecken rechtsextremistische Tendenzen aufs Korn nahm. Gewürzt mit herrlich schrägem Humor gestaltete der Kabarettist auch ein Plädoyer für Deutschlands erste Männerzeitschrift. »Morgens aufstehen, in den Spiegel gucken, Kamm liegen lassen - fertig«“ lautete nur einer seiner fortschrittlichen Lifestyle-Tipps. Zum Mitmachen animierte der Entertainer das Publikum beim interaktiven Mini-Workshop »Wie werde ich Elvis?«. Sein Fazit: Ohne sexy Stimmlage und erotischen Hüftschwung geht nichts.
Von »Waffen die intelligenter sind, als die, die sie bedienen« wusste Erik Lehmann scharfzüngig zu berichten. Mit Stahlhelm, Headset und Laptop ausgerüstet, führte er moderne Kriegsführung per »Global Area Network« vor. Getreu der Devise »Wir dürfen nicht nur die Elite abdrücken lassen« stellte er interaktive Kampfszenarien für jedermann vor. »Auch Sie können bald per Knopfdruck eine Fliegerstaffel anfordern, um den Gartenzwergen im Garten Ihres Nachbarn den Garaus zu machen,« ermunterte er das Publikum. Grandios geriet auch die herrlich politisch unkorrekte Edmund-Stoiber-Parodie. In seiner Paraderolle lief Erik Lehmann bei gestenreichem, genüsslich verhaspeltem Nonsens zu Bestform auf.
Während Ingo Börchers launig durch das Programm führte, versüßte Musikkabarettist Tom van Hasselt den Zuschauern die Wartezeit auf das Wertungsergebnis. Bereits im Herbst kommt Kabarettpreisgewinner Marc-Uwe Kling übrigens erneut nach Bielefeld. Denn außer Puddingtrophäe und Preisgeld winkt dem Sieger ein Komplettauftritt im Queller Zweischlingen.

Artikel vom 27.02.2006