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Die Rückkehr der Tankwarte

Shell weitet Pilotversuch großflächig aus - Kunden zahlen einen Euro

Von Edgar Fels
Bielefeld (WB). Ölstand prüfen? Scheibenwaschanlage nachfüllen? Reifendruck messen? Für Dienstleistungen dieser Art sieht Shell an seinen Tankstellen einen wachsenden Bedarf. Nach einem Pilotversuch möchte der Konzern das Projekt nun großflächig ausweiten und wieder mehr Tankwarte arbeiten lassen, auch in OWL.

Das hat der Shell-Europachef für das Tankstellengeschäft, Josef Waltl, in einem Interview des Nachrichtenmagazins »Focus« angekündigt. »Wir sind vom Zuspruch unserer Kunden so angetan, dass wir das Projekt großflächig ausweiten wollen«, sagte Waltl. Bislang hatte Shell das Tankwart-Projekt lediglich an 20 Stationen in Großstädten getestet.
»Für uns lohnt sich der Tankwart auch, weil er Zusatzgeschäft generiert, etwa den Verkauf unserer Premium-Produkte«, begründete Waltl den Schritt. Zudem freuten sich etwa Frauen und ältere Autofahrer, »wenn der Tankwart Öl kontrolliert oder eine Birne auswechselt«. Dafür würden die Kunden auch gerne die Servicegebühr von einem Euro bezahlen.
In einem ersten Schritt sollen dem Vernehmen nach mehrere hundert der bundesweit etwa 2300 Shell-Stationen mit einem Tankwart verstärkt werden. In der Region Ostwestfalen-Lippe (etwa 50 Shell-Tankstelen) ist zum Auftakt eine Tankstelle in Bielefeld mit von der Partie. »Das ist eine 100-prozentig gute Idee«, sagt Joachim Enderweit, der in dem ostwestfälischen Oberzentrum drei Shell-Stationen betreibt und junge Leute auch zum Tankwart oder Einzelhandelskaufmann (Fachbereich Tankstelle) ausbilden darf. Ob darüber hinaus in der Region weitere Stationen mitmachen, will Shell erst in der kommenden Woche bekannt geben.
Die große Frage ist, ob sich der Tankwart, der im Monat etwa 1200 Euro Brutto verdient, für die Betreiber auch betriebswirtschaftlich rechnet. »Das wird schwierig«, meint der Geschäftsführer des Fachverbandes Tankstellen (FTG) für NRW, Niedersachen und Bremen, Dirk Ludwig. Grundsätzlich hält der Verband, dem bundesweit 5000 Tankstellenbetreiber angehören, eine solche Dienstleistung aber für wünschenswert. Ludwig: »Sie darf nur nicht zu Lasten der Betreiber gehen.«
Der Tankwart ist Ludwig zufolge der älteste Lehrberuf in Deutschland. Aus ostwestfälischer Sicht ist jedoch die Tatsache, dass die Berufsschule vor wenigen Jahren in das relativ weit entfernte Münster verlegt wurde, ein großer Nachteil. »Dadurch ist die Ausbildung bei uns eingeschlafen«, bedauert Wolfgang Rahmel, Betreiber einer Westfalen-Tankstelle in Bielefeld, im Gespräch mit dieser Zeitung. Wohl auch aus diesem Grund würden häufig statt der ausgebildeten Tankwarte so genannte »Fahrbahnbetreuer« eingestellt.

Artikel vom 25.02.2006