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Kneiper gegen Kneiper: Freispruch

Konkurrenz-Diebstahl nach Schäferstündchen war nicht zu beweisen

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Auf eine kuriosere Weise können Kneipenbetreiber ihre flüssige Ware kaum besorgen: Drei Kneiper sollen Wein und Spirituosen aus einer Konkurrenz-Gaststätte gestohlen haben. Sogar das Amtsgericht war jetzt mit dem verzwickten Fall befasst - und sprach die Angeklagten frei.

Dabei waren die Anschuldigungen wohl nicht ganz von der Hand zu weisen, meinte zum Schluss auch der zweifelnde Amtsrichter Joachim Grunsky. Das war passiert: In der Nacht zum 29. August 2004 erhielt Suleiman D. (alle Namen geändert) am frühen Morgen in seiner Kneipe im Bielefelder Westen Besuch von zwei jungen Damen und ihrem Begleiter. Das Trio führte seinerzeit ein Etablissement, das sich nur 500 Meter entfernt befand.
Mit einer der Damen (31) sei er im Obergeschoss verschwunden, erklärte der 22-jährige Zeuge jetzt vor dem Amtsgericht. Man habe einvernehmlich Zärtlichkeiten ausgetauscht. »Doch mir ist das Ganze schon komisch vorgekommen«, beschlichen den amourösen Kneiper schon damals Zweifel. Mehrmals während des Schäferstündchens habe er aus dem Parterre das Klappen der Eingangstür und von Autotüren gehört. »Die Frau hat mich doch bewusst nach oben gelockt.«
Später, das Trio war wenige Minuten zuvor verschwunden, bemerkte Suleiman D. das Fehlen einer Batterie von Weinflaschen, die hinter der Theke gestanden hatten. Auch ein Gefrierschrank samt Inhalt hatte sich in Luft aufgelöst. D. witterte einen Diebstahl durch die unliebsame Konkurrenz und alarmierte umgehend die Polizei. Noch in derselben Nacht wurden Wohnungen und Autos durchsucht, Wein und Gefrierschrank jedoch nicht gefunden.
Eher belustigt wiesen die Angeklagten die Vorwürfe zurück: Kein Diebstahl, kein Techtelmechtel - so was habe man nicht nötig. Suleiman D. habe doch jeden Abend in ihrer Gaststätte »besoffen« herumgestänkert.
Für Staatsanwältin und Amtsrichter blieben zuletzt »vernünftige Zweifel« an der Täterschaft. Die Angeklagten erhielten einen Freispruch. Der bestohlene Kneiper hatte schon einmal den Kürzeren gezogen: Er hatte die Kneipe dicht gemacht . . .

Artikel vom 04.03.2006