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Das Netz wird
enger gezogen

Millionenräubern auf der Spur

London (dpa). Nach dem größten Geldraub in der Geschichte Großbritanniens hat die Polizei gestern mehrere Wohnungen durchsucht. Zudem wurde ein weiterer Verdächtiger festgenommen. Allerdings kam er, genau wie zuvor bereits fünf andere Personen, nach einer Vernehmung gegen Kaution frei.

Die Haupttäter waren auch fünf Tage nach dem Überfall, bei dem - wie berichtet - umgerechnet mehr als 70 Millionen Euro erbeutet wurden, wie vom Erdboden verschluckt.
Ungeachtet der Freilassung aller sechs seit dem Raub am Mittwoch festgenommenen Verdächtigen erklärte Chefermittler Adrian Leppard: »Wir ziehen das Netz immer enger.« Angaben einer Boulevardzeitung, wonach der berüchtigte Londoner Gewaltverbrecher Clifford Hobbs hinter dem Überfall auf das Gelddepot in Südostengland stecken soll, wollte die Polizei nicht kommentieren.
Die Polizei hat bisher Phantombilder von zwei mutmaßlichen Tätern veröffentlicht. In einem Kleintransporter, der vor einem Hotel geparkt war, fand sie neben einem kleinen Teil der Beute auch Pistolen, Skimützen und Splitterschutzwesten, sagte Leppard. Zudem seien auf einem Feld 14 leere Stahlcontainer und Verpackungsmaterial aus dem überfallenen Depot gefunden worden. Darin hätten die Räuber den Großteil der Beute abtransportiert.
Dies alles zeige, dass die Gangster »Fehler machen und unter Druck sind«, meinte Leppard. Er räumte aber ein, dass die in dem Minivan gefundene Geldsumme lediglich 1,3 Million Pfund (knapp zwei Millionen Euro) betrage - ein Bruchteil der Beute. Unabhängige Sicherheitsexperten hatten erklärt, der Kleintransporter sei möglicherweise zurückgelassen worden, um die Ermittler auf eine falsche Fährte zu locken.
Die oft gut informierte Boulevardzeitung »News of the World« berichtete, die Polizei habe den Kopf der Bande identifiziert. Es handele sich um den 41-jährigen Londoner »Berufsverbrecher« Clifford Hobbs, der seit zwei Jahren zu den meistgesuchten Gangstern des Königreichs gehöre. Hobbs sei 2003 von Komplizen, die sich als Postmitarbeiter tarnten, bei einem Gefangenentransport befreit worden. Er sei anschließend nach Spanien oder Holland geflüchtet. Die Polizei gab dazu keinen Kommentar ab.
Der Direktor des überfallenen Gelddepots in der Ortschaft Tonbridge rief die Öffentlichkeit in einem emotionalen Appell zur Mithilfe auf. Die Nacht des Raubüberfalls sei »die schlimmste Nacht meines Lebens« gewesen, sagte Colin Dixon (51). Die Täter hätten seiner Frau und seinem Sohn Pistolen an die Köpfe gehalten und gedroht abzudrücken, wenn er ihnen nicht Zugang zu dem Gelddepot verschaffe, berichtete er geschockt. Dixon rief zur Kooperation mit der Polizei auf. Es wurde eine Belohnung von fast drei Millionen Euro ausgesetzt.

Artikel vom 27.02.2006