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Das Nachspiel von Turin

Doping-Skandal: Bach leitet die Untersuchungen

Turin (dpa). Der Doping-Skandal bei den Winterspielen in Turin hat für Österreich ein Nachspiel. Eine Disziplinarkommission des Internationalen Olympischen Komitees wird den Verdacht auf verbotene Doping-Methoden gegen österreichische Biathleten, Langläufer und Trainer untersuchen.

Chefermittler wird der deutsche IOC-Vizepräsident Thomas Bach sein, der bereits in der kommenden Woche mit Denis Oswald (Schweiz) und Sergej Bubka (Ukraine) die Arbeit aufnehmen soll. Die Affäre hat die Turin-Spiele mehr erschüttert als der bis zum Schlusstag einzige bekannt gewordene Doping-Fall der russischen Biathletin Olga Pylewa.
»Ich bin nicht enttäuscht, denn bei so vielen Tests wie noch nie haben wir nur einen Fall«, resümierte IOC-Präsident Jacques Rogge gestern. Um die Hemmschwelle für Doping-Willige zu erhöhen, hat das IOC die Rekordzahl von 1200 Kontrollen durchgeführt. Der Fall Pylewa, die das Aufputschmittel Carphedon genommen hatte, ist der 13. seit Grenoble 1968 - allein sieben gab es 2002 in Salt Lake City.
Bach hatte bereits die Untersuchungen in der »Blutbeutel-Affäre« von vor vier Jahren um den österreichischen Ski-Langlauftrainer Walter Mayer, der deswegen von Winterspielen bis 2010 verbannt wurde und durch sein Auftauchen in der Turin-Region den Skandal auslöste, geleitet. »Die Präsenz von Mayer hatte schon etwas Provokantes«, meinte der Wirtschaftsanwalt aus Tauberbischofsheim.
Obwohl die Doping-Proben der zehn parallel zur Polizei-Razzia für Kontrollen verpflichtetem österreichischen Biathleten und Langläufer negativ waren, vermutet das IOC die Anwendung von verbotenen Methoden. »Analysen sind die eine Seite der Medaille, doch es gibt auch noch andere Möglichkeiten zu prüfen, ob jemand schuldig ist«, sagte Rogge.
Für den Leiter des Doping-Analyselabors in Kreischa, Klaus Müller, ist nach den von den italienischen Behörden entdeckten Spritzen, Medikamenten und Gerätschaften ein Vergehen höchst wahrscheinlich. »Alles deutet auf einen Betrug hin«, sagte er in einem ARD-Interview. »Im Ganzen ist das empörend, das einige österreichische Funktionäre so tun, als wäre nichts gewesen.«

Artikel vom 27.02.2006