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Der Neuling macht sich Druck

SC Paderborn 07 setzt neue Bestmarke und ist trotzdem unzufrieden

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Die meisten Spieler verschwanden schnell in der Kabine, der Trainer war unzufrieden. Wer den SC Paderborn am Freitagabend beobachtete, sah einen angeknockten Neuling.

Dabei hatte der beste Aufsteiger mit dem 1:1 im Verfolgerduell bei der SpVgg. Greuther Fürth gerade die nächste Bestmarke gesetzt: Sieben ungeschlagene Spiele in Folge, das gab's noch nicht.
Als »Zugabe« ging's auch noch rauf auf Rang drei. Das heißt Aufstiegsplatz und genau damit hat besonders Jos Luhukay ein großes Problem: »In den vergangenen Tagen wird über fast nicht anderes mehr geredet, diskutiert und geschrieben«, monierte der Chefcoach. Für den Holländer geht dadurch ein Großteil der Unbekümmertheit und Souveränität verloren, die den Neuling SC Paderborn 07 an den ersten 22 Spieltagen auszeichnete. »Ein dritter Platz ist schön, wenn man damit umgehen kann. Meine Mannschaft ist da noch viel zu unerfahren. Sie macht sich jetzt selbst viel zu viel Druck, statt ganz nüchtern oder realistisch zu bleiben und die augenblickliche Situation zu genießen. Sie läuft deshalb Gefahr, dass sie nun selbst ihr schwerster Gegner wird.«
Der 42-Jährige Boss auf der SCP-Bank sah im Playmobilstadion eine sehr hektische und nervöse Mannschaft, die im Spiel nach vorne viele Ballverluste hatte und sich über 90 Minuten kaum eine zwingende Torchance erarbeiten konnte. Der SC Paderborn, der in dieser Spielzeit bislang seine Punkte mehr erspielt denn erkämpft hatte, erarbeitete sich diesen einen Zähler, der am Ende auch noch glücklich war, weil die Gastgeber mehr und bessere Möglichkeiten hatten. »Mal nicht gut spielen und doch gewinnen, so etwas würde ich auch mal gerne erleben«, meinte Luhukay, der mit ein bisschen Glück in Fürth schon in diesen »Genuss« gekommen wäre. Kapitän René Müller (62./nach einem Traumpass von Hüzeyfe Dogan) hatte den SCP in Führung gebracht, die Ales Kokot (74.) für die Elf von Benno Möhlmann zum 1:1-Endstand ausglich.
Danach gab's die beschriebenen Bilder. Die Mannschaft schlich fast vom Platz, in der Kabine war es sehr lange sehr still. »Da hat sich keiner gefreut, die waren alle enttäuscht. Das zeigt, welche Ansprüche wir an uns selbst stellen«, schilderte Luhukay die Situation direkt nach Spielschluss.
Für den Holländer war nicht mehr drin, deshalb konnte er am Ende mit diesem Punkt auch sehr gut leben und durfte später noch Komplimente des Gegners zur Kenntnis nehmen. »Ich habe einen starken SC Paderborn gesehen. Die haben uns den Weg zum Tor verdammt schwer gemacht«, meinte Möhlmann, der mit dem einen Zähler am Ende dennoch nicht ganz zufrieden war. Denn das Fürther Dilemma in dieser Rückrunde setzte sich fort: »Wir hatten nach dem Ausgleich so viele Chancen, das hätte für uns zum Sieg reichen müssen.«
Für den SCP war es am 23. Spieltag der 36. Punkt, vier fehlen noch, um das Klassenziel zu erreichen. Das ist die einzige Rechnung, die auch Luhukay zulässt: »Ich schaue nicht auf die Tabelle, nur auf unsere Punktzahl.« Das glaubt dem Chefcoach zwar niemand, die Sorge um seine Höhenflieger ist allerdings berechtigt.

Artikel vom 27.02.2006