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Rettung naht:
Ingo kommt
Gratwanderung an der Grenze des guten Geschmacks
Gütersloh/Höxter/Bünde. Kein Geld, keine Arbeit, keine Ahnung, wieÕs weitergeht. Deutschland jammert, aber Hilfe naht: Komiker Ingo Appelt bietet sich als »Retter der Welt« an. Da werden manche gleich abwinken und behaupten, dieses Schandmaul der Nation werde selbige höchstens noch näher an den Abgrund bringen. Doch es gibt ebenso Menschen, die mögen komödiantische Gratwanderungen entlang der Grenzen des guten Geschmacks. Und die kommen am Donnerstag, 18. Mai, um 20 Uhr in der Stadthalle Gütersloh, am Freitag, 19. Mai, um 20 Uhr in der Stadthalle Höxter und am Sonntag, 21. Mai, um 20 Uhr im Stadtgarten Bünde auf ihre Kosten. Denn dann zeigt Appelt in seiner unverschämten Offenheit, woÕs seiner Meinung nach lang geht.
Ingo Appelt posiert für sein neues Programm in weißem Anzug und mit scheinbar unschuldigem Lächeln. Doch allein schon sein spitzer Scheitel erinnert daran, dass das Diabolische in ihm keinesfalls verloren gegangen ist in der (Zwangs-)Pause, die der 38-Jährige einlegen musste, nachdem man ihn im Jahr 2000 bei Pro 7 wegen »geschmacklicher Entgleisungen« aus seiner eigenen Sendung jagte. Appelt hatte Kinderpuppen wie Fußbälle weggeschossen. Prompt wurde er bald darauf Vater, und fast scheint es, als habe sein zweiter Sohn ihn in der Babypause geläutert.
Jedenfalls meldete sich Ingo Appelt 2002 als »Superstar« etwas ruhiger und nicht mehr ganz so bitterböse auf der Bühne zurück. Trotzdem bleibt der Mann sich und seinem rabenschwarzen Humor treu. Wenn er jetzt als »Retter der Nation« auf Tour geht, dann hat er seine ureigenen Gründe: »Wir sind Papst, ein Mädchen ist Kanzler und Lafontaine ein Ossi - die Karten werden neu gemischt!« Ingo Appelt polarisiert weiter, bis es (manchem) weh tut.
Doch den Vorwurf, er sei weltverachtend, lässt Ingo Appelt nicht gelten. »Wenn das so wäre, dann würden die Leute, die den Saal verlassen, traurig sein. Tatsächlich sind sie aber glücklich«, meint er. Und: »Es gibt immer einen Weg, den Respekt aufrechtzuerhalten, und das funktioniert über den Humor«, ergänzt der Komiker, der einen ganz besonderen Traum hat: Einmal vor George Bush und Saddam Hussein auftreten, die gemeinsam lachend auf dem Boden liegen und anschließend einen trinken gehen. Ingo Appelt: »Wenn das in der Völkergemeinschaft grundsätzlich so funktionierte, wäre das alles kein Problem.« Ob man wirklich so die Welt rettet?
Margit Brand

Artikel vom 10.03.2006