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Ringen um Untersuchungsausschuss

BND: Bundesregierung veröffentlicht nur 90 von 300 Seiten Bericht

Berlin (dpa). Die Bundesregierung hat gestern am späten Abend ihren Bericht zum Irak-Einsatz des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Teilen veröffentlicht. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist dennoch weiter in der Schwebe.

Die Offenlegung hatte sich zunächst verzögert, weil der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar Bedenken wegen zahlreicher personenbezogener Daten geäußert hatte.
Die Grünen hatten gestern am frühen Abend wegen des zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden Berichts ihre Beratungen über ein solches Gremium vertagt, obwohl sie - wie die anderen Oppositionsparteien auch - zuvor weiteren Aufklärungsbedarf angemeldet hatten. Ohne den Regierungsbericht sei »eine sachgemäße Bewertung nicht möglich«, sagte ein Grünen-Fraktionssprecher.
Der nun veröffentlichte Bericht der Bundesregierung umfasst 90 Seiten und ist damit deutlich kürzer als das fast 300 Seiten umfassende Dossier, das das geheim tagenden Parlamentarische Kontrollgremiums vorgelegt bekommen hat. Er beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Rolle des BND im Irak und den Kenntnissen der Bundesregierung über angebliche CIA-Flüge über Deutschland sowie Geheimgefängnissen. Zudem geht es in dem Bericht um angebliche Verschleppungen deutscher Staatsbürger durch ausländische Geheimdienste.
Die Linkspartei hatte gestern erneut die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses betont. Die FDP will sich am 7. März festlegen. Die notwendige Stimmenzahl für ein solches Gremium wird nur erreicht, wenn alle drei Oppositionsparteien die Entscheidung im Bundestag mittragen.
Datenschützer Schaar hatte vor der Veröffentlichung erklärt, aus Rücksicht auf die Grundrechte der Betroffenen dürfe die Öffentlichkeit das Dossier nur eingeschränkt einsehen. Der Bericht enthalte viele personenbezogene Daten. Eine Anonymisierung würde nicht weiterhelfen, weil eine Identifizierung der Personen möglich sei. Gegen eine Weitergabe an die Bundestagsabgeordneten gebe es aber »keine Bedenken«.
Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, hatte FDP und Grüne zuvor aufgerufen, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mitzutragen. Auch die FDP behielt sich die Einsetzung eines solchen Ausschusses ausdrücklich vor.
Nach der PKG-Sitzung vom Mittwoch, in der den Mitgliedern der Regierungsbericht vorgelegt wurde, hatten Union und SPD erklärt, das Informationsbedürfnis der Abgeordneten sei erfüllt.
Hans-Christian Ströbele von den Grünen betonte, auch nach Vorlage des Berichts seien noch Fragen offen. So wüssten die Geheimdienstkontrolleure des Bundestages »viel zu wenig darüber«, was der BND am Telefon übermittelt habe.
Ströbele und Max Stadler, PKG-Vertreter der FDP, gehen zudem davon aus, dass die BND-Agenten in Bagdad Informationen über militärische Objekte an US-Stellen weitergeleitet haben.

Artikel vom 24.02.2006