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Gruppengegner Polen

Das Angriffspersonal
verheißt stürmische Zeiten

»Im polnischen Fußball gibt es keinen Lato, Szarmach, Deyna oder Tomaszewski mehr«, sagt Michal Listkiewicz. Wenn schon der Präsident des Polnischen Fußballverbandes (PZPN) nach eigenem Bekunden nicht daran glaubt, dass Polen eine so erfolgreiche Weltmeisterschaft spielt wie 1974, wer dann?


Vor 32 Jahren wurde Polen Dritter. Dieses Mal, sagt Listkiewicz, wäre schon das Erreichen des Viertelfinales ein riesiger Erfolg. Nachdem Polen vor vier Jahren beim Turnier in Japan und Südkorea Gruppenletzter wurde und früh heimflog, soll das Sporthotel Fuchsbachtal im niedersächsischen Barsinghausen mindestens bis zum 1. Juli, der Tag des möglichen Viertelfinales, belegt bleiben. Hier vor den Toren Hannovers bezieht Polen sein WM-Quartier.
Bliebe die Mannschaft tatsächlich so lange im Wettbewerb, hätte sich auch die Anreise der vielen Fans gelohnt, die das Nationalteam ins westliche Nachbarland begleiten. Angaben des polnischen Verbandes zufolge liegen für die Spiele in Deutschland 120 000 Ticketanfragen vor. Die meisten davon für die Partie gegen den Gastgeber am 14. Juni in Dortmund. Doch auch an den Spielen gegen Ecuador (9. Juni in Gelsenkirchen) und Costa Rica (20. Juni in Hannover) herrscht großes Interesse.
»Wenn wir gegen Ecuador eine gute Leistung bringen, haben wir die ersten drei Punkte sicher«, macht Torwart Artur Boruc das Abschneiden bei der WM stark von einem guten Start abhängig. Boruc hält im Fußball-Alltag den Kasten von Celtic Glasgow sauber. Hier spielt auch sein Nationalmannschaftskollege Maciej Zurawski, der Star des polnischen Teams. Doch nicht nur wegen Zurawski ist Polens Prunkstück die Offensive. In der Qualifikation war Tomasz Frankowski, der jetzt für den englischen Zweitligisten Wolverhampton Wanderers stürmt, ständiger Nebenmann Zurawskis. Beiden gelangen je sieben Quali-Treffer. Hinter England wurde Polen Gruppenzweiter.
Auch Emmanuel Olisadebe macht sich nach seinem Wechsel zum Premier-League-Klub FC Portsmouth Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme. Der gebürtige Nigerianer zählte bereits 2002 zum WM-Kader, sein bislang letzter Einsatz liegt aber schon eineinhalb Jahre zurück. Dass Nationaltrainer Pawel Janas in Ebi Smolarek (neben Jacek Krzynowek einziger Bundesligalegionär) von Borussia Dortmund aber noch auf einen weiteren Topstürmer zurückgreifen kann, lässt Olisadebes Aktien sinken.
Ein starker Sturm, doch Polens Abwehr ist anfällig, das Mittelfeld kommt über Mittelmaß nicht hinaus. Was der deutsche Gruppengegner wirklich drauf hat, ist schon heute zu sehen. Die Polen liefern die erste Kostprobe ihres Könnens im WM-Jahr im Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern ab. Gegen die USA wird hier auf WM-Boden der Ernstfall geprobt.

Ein Beitrag von
Dirk Schuster

Artikel vom 01.03.2006