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Oetker soll mehr zahlen

40 Aktionäre erstreiten Vergleich

Von Edgar Fels
Dortmund/Bielefeld (WB). Der Bielefelder Oetker-Konzern muss für die Übernahme der verbleibenden Aktien der Dortmunder Brauerei »Brau und Brunnen« deutlich tiefer in die Tasche greifen als bisher vorgesehen.

Das sieht ein Vergleichsvorschlag vor, den 40 Aktionäre gestern vor dem Landgericht Dortmund erstritten haben. Danach erhalten nicht nur sie, sondern alle verbliebenen Brau-und-Brunnen-Minderheitsaktionäre statt der bisher von Oetker angebotenen 89,90 Euro je Aktie 115 Euro.
Über den Vorschlag des Vorsitzenden Richters der 4. Kammer für Handelssachen müssen beide Seiten nun innerhalb von sechs Wochen eine Entscheidung treffen. Scheitert der Vergleich, müsste vermutlich eine Neubewertung der inzwischen zur Radeberger-Gruppe gehörenden Dortmunder Brauerei erfolgen, sagte der Landgerichtssprecher Arnim Sabrowsky gestern dieser Zeitung.
Auf den Oetker-Konzern käme unbestätigten Angaben zufolge möglicherweise eine Summe in einstelliger Millionenhöhe zu. Die Rede war von drei Millionen Euro. Der Sprecher der Radeberger-Gruppe, Udo Dewies, lehnte eine Stellungnahme gestern ab. »Zu einem schwebenden Verfahren äußern wir uns nicht«, sagte er.
Oetker hatte »Brau und Brunnen« (DAB, Brinkhoffs, Schultheiß) vor zwei Jahren über seine Brauereigruppe Radeberger (Radeberger, Clausthaler) für 360 Millionen Euro übernommen und war damit zum größten Bierbrauer in Deutschland aufgestiegen. Allerdings handelte sich der ostwestfälische Nahrungsmittelkonzern damit auch Überkapazitäten in Dortmund und Berlin ein.
Nachdem Oetker mehr als 96 Prozent der Aktien besaß, sollten die verbliebenen Kleinaktionäre vor gut einem Jahr zwangsabgefunden werden (Squeeze Out). Einem Gutachten zufolge wäre ein Kurs von 79 Euro je Aktie angemessen gewesen. Da jedoch der rechnerische Mittelwert der Aktie über einen Zeitraum von drei Monaten bei 89,90 Euro lag, wurde den Aktionären dieser höhere Kurs angeboten. Aktionärsvertreter hatten aber schon damals die vorgeschlagene Abfindung als zu niedrig kritisiert.
»Squeeze Out« bezeichnet das zwangsweise Herausdrängen von Minderheitsaktionären. Gegen Barabfindungen dürfen Aktionäre, die mindestens 95 Prozent der Stimmrechte an einer Gesellschaft halten, Kleinanleger ausschließen.
Über ein solches Verfahren waren kürzlich auch Aktionäre der Bielefelder AVA (»Marktkauf«) abgefunden worden, nachdem das Unternehmen von der Edeka übernommen wurde. Auch hier hatten einige Kleinanleger gerichtlich eine höhere Abfindung erstritten.

Artikel vom 24.02.2006