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Hätten Sie es gewusst?

Wahrheiten und Irrtümer aus den Bereichen Medizin und Gesundheit

Bielefeld (WB/lak). Ratschläge, Vorschriften und Verbote bestimmen unser ganzes Leben. Vieles ist lange überliefert und trotzdem purer Unsinn. Anweisungen werden befolgt, ohne über Sinn und Zweck des Tuns nachzudenken. Es ist an der Zeit, damit zu beginnen...

Nach dem Essen nicht schwimmen gehen?
Jeder kennt die Empfehlung nach einer Mahlzeit, besonders einer üppigen, eine Pause von zwei Stunden einzulegen, bevor man den Sprung ins kalte Nass wagt. Ingnoriert man die Pause, sollen Magenkrämpfe und der anschließende Ertrinkungstod eintreten. Dieser Ratschlag stimmt nicht.
Es existiert keine Verbindung zwischen Essen, Magenkrämpfen und Schwimmen. Tatsache ist, dass der Körper nach einer üppigen Mahlzeit müde und träge wird. Ursache hierfür ist die Unterversorgung des Gehirns und des restlichen Körpers durch Blut. Ein großer Teil des Blutes wird nach dem Essen nämlich im Verdauungstrakt benötigt. Der Körper ist nach dem Essen also nicht etwa krampfanfälliger, sondern lediglich weniger leistungsfähig.
Die Ausnahme: Bei Menschen mit Herz- und Kreislaufproblemen und besonders bei älteren Menschen kann die Doppelbelastung des Körpers tatsächlich zu einem Kollaps führen.
Fazit: Benutzen Sie ihren gesunden Menschenverstand, wenn es ums Schwimmen nach dem Essen geht. Es gilt, sich weniger Gedanken über mögliche Magenkrämpfe durch übermäßiges Essen zu machen, als vielmehr über die größeren Gefahren beim Schwimmen -Ênämlich die Selbstüberschätzung und den Leichtsinn.

Führt Kälte wirklich zu Erkältungen?
Vor mehr als 50 Jahren sollte ein Experiment belegen, dass Erkältungen etwas mit Kälte und Frieren zu tun haben. Es scheiterte. Eine niedrige Umgebungs- und Außentemperatur führt nicht automatisch zu einer Erkältung oder einem Infekt. Sonst wären alle Menschen während eines kalten Winters ständig krank. Eine weitere Tatsache spricht gegen den Zusammenhang von Kälte und Erkältung. Die meisten Krankheitserreger sind ziemlich empfindlich gegen Kälte -Ê in der Arktis oder Antarktis kommt es viel seltener zu Erkältungskrankheiten als in gemäßigten Breiten. Zu einer Erkältung bedarf es also eines Krankheitserregers und nicht nur kalter Temperaturen.
Allerdings treten Erkältungen tatsächlich in der kalten Jahreszeit häufiger auf als im Sommer.
Warum ist das so? Viren können sich unter den Bedingungen im Winter besonders schnell verbreiten. Die Häufung von Erkältungen im Winter ist auf die erhöhte Keimzahl in den Räumen zurückzuführen. Dazu kommt noch, dass man sich die meiste Zeit in schlecht belüfteten, beheizten Räumen aufhält. Die Schleimhäute trocknen aus, Erreger haben so ein leichteres Spiel.
Sind bereits Krankheitskeime im Körper, kommt es bei niedrigen Außentemperaturen eher zu Erkrankungen als im Sommer. Denn durch Kälteeinwirkung wird die Immunabwehr des Körpers etwas herabgesetzt, so dass Krankheiten durch bereits vorhandene Erreger leichter ausgelöst werden können.
Die Empfindung einer Unterkühlung entsteht typischerweise kurz vor der Entwicklung von Fieber, das den übrigen Krankheitssymptomen vorausgeht. Wenn Menschen frösteln, führen sie eine Erkältung gerne auf die Kälte zurück. Es ist jedoch gerade umgekehrt: Ein Mensch, der sich erkältet hat, fängt an zu frieren - dies ist also das Ergebnis und nicht die Ursache der Erkrankung

Nach dem Genuss von Obst kein Wasser trinken?
Wenn kleine Kinder Obst essen und danach Wasser trinken, müssen sie damit rechnen, von den Erwachsenen getadelt zu werden. Denn, so die auch heute noch verbreitete Meinung, Wasser auf Obst getrunken, erzeugt schlimme Bauchschmerzen. Was diese Warnung der wohlmeinenden Eltern oder Großeltern betrifft, gibt die Bundesforschungsanstalt für Ernährung Entwarnung. Sie sagt, die Kombination Wasser und Obst sei durchaus gut bekömmlich.
Begründung: Früher waren im Trinkwasser deutlich mehr Keime. Diese brachten das Obst im Magen zum Gären, was wiederum die bekannten Folgen hatte: nämlich Blähungen, Bauchweh und Durchfall. Heutzutage ist die Wasserqualität so gut, dass keine »bösen«Bakterien im Wasser enthalten sind. Obst und Wasser sind folglich doch ein verträgliches Paar.

Verdirbt lesen bei schlechtem Licht die Augen?
Diese Regel ist nicht ganz sinnlos, denn tatsächlich können die Augen von Kindern und Jugendlichen durch extrem häufiges und lang andauerndes Lesen bei schlechten Lichtverhältnissen - beispielsweise nächtelang mit der Taschenlampe unter der Bettdecke - Schaden nehmen. Die Augenlinse muss sich bei der im Dunkeln stark verminderten Tiefenschärfe erheblich anstrengen, um das Licht so zu bündeln, dass es auf der Netzhaut ein scharfes Bild ergibt. Damit die Linse weniger hart arbeiten muss, passt sich das Auge der Belastung allmählich an, indem es ein wenig in die Länge wächst. Dadurch bekommt der Betroffene zunehmend Schwierigkeiten, weit Entferntes scharf zu sehen. Das heißt, er wird mehr oder minder kurzsichtig. Das passiert aber nur bei andauernder, intensiver Beanspruchung und bei jungen Augen.

Machen Möhren gute Augen?
Ein Gerücht ist es zwar nicht, aber eine klassische Halbwahrheit. Karotten enthalten Betacarotin, das im Körper zu Vitamin A umgewandelt wird. Wer davon zu wenig bekommt, der kann nachtblind werden. Allerdings funktioniert der Umkehrschluss leider nicht. Besser sehen, weil man besonders viele oder große Möhren isst - Fehlanzeige.
Übrigens sind andere Gemüsesorten wie Kohl, Spinat oder Kürbis bessere Vitamin-A-Lieferanten als die Karotte. Trotzdem: Möhren schmecken, sind lecker und gesund. Zwei Stück davon am Tag reichen, und der Körper hat Vitamin A satt.
Fortsetzung auf Seite 15


Artikel vom 14.07.2006