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Rektorat als Attraktion für Besucher

Besetzer wollen noch bleiben - »Kein Sachzwang für Studiengebühren«

Bielefeld (sas). Das Rektorat der Universität ist mittlerweile zur »Touristenattraktion« geworden: Realschüler aus Jöllenbeck sind gestern Mittag durch die besetzten Räume geführt worden, um einen Eindruck von studentischem Protest zu gewinnen.

Der soll noch andauern - mindestens einige Tage, womöglich auch noch viel länger. Allein die Tatsache, dass zahlreiche der Besetzer jetzt Hausarbeiten schreiben oder jobben müssen, macht es derzeit ein wenig schwierig.
Schwierig ist auch die Kommunikation zwischen Hochschulleitung und den Besetzern, die die Räume des Rektorates seit dem 1. Februar blockieren. Das Rektorat hat den formellen Weg über die studentischen Senatsmitglieder und den AStA gesucht, die Besetzer, die basisdemokratisch alles im Plenum entscheiden, fühlen sich ignoriert. Dass »Besetzer« kein legaler Status sei und kein Mandat bedeute, dass sie zudem keine festen Ansprechpartner benennen, wie ihnen Referentin Dr. Andrea Frank vorhält, akzeptieren sie nicht: »Ein Ansprechpartner ist nicht nötig, unsere Resolution sagt, was wir wollen.«
Das ist in erster Linie ein klares Nein zu Studiengebühren, zudem der Rücktritt des Rektorates und stärkeres Stimmgewicht im Senat der Hochschule. Diese Forderungen, gesteht Christoph Freidorf zu, seien im Einzelnen verhandelbar. Allerdings knüpfen die Studierenden nach wie vor Vorbedingungen an Gespräche - wie das Einstellen ihrer Resolution auf der offiziellen Homepage der Uni und die Öffentlichkeit der Verhandlungen. Vorbedingungen allerdings sind für das Rektorat nicht akzeptabel.
In der Diskussion, betonen die Studierenden, wolle man über Inhalte reden. »Der Konkurrenzkampf der Hochschulen, der ins Feld geführt wird, ist doch selbst gemacht«, kritisieren sie. Einen Sachzwang für Studiengebühren sehen sie nicht - wie die Universitäten Münster oder Bochum, die sich dagegen entschieden haben, ja vorgemacht hätten. Und auch andere Universitäten würden - anders als Bielefeld - erst einmal abwarten.
»Der Zwang ist von Bielefeld erzeugt worden, Paderborn hat sich schon darauf berufen«, sagt Christoph Freidorf. Die Besetzung, ergänzt Idris Riahi, sei für die Protestierer die ultima ratio: »Wenn wir nicht da wären, würde niemand mit uns reden.«
Das Rektorat argumentiert dagegen, dass die Studienbeiträge genutzt werden sollen, um die Studienbedingungen deutlich zu verbessern. Nach fünf Kürzungsrunden sind die Hochschulen unterfinanziert. Die mindestens zehn Millionen Euro, die die Bielefelder alma mater jährlich bekäme, könnten in eine »Qualitätsoffensive« investiert werden.

Artikel vom 24.02.2006