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»Herr der Regeln« - die Schiri-Schau

Stadtgeschichtliches Museum Leipzig zeigt 800 Objekte auf 600 Quadratmetern

Von Dietmar Kemper
Leipzig (WB). Obwohl der Schiedsrichter nicht auffallen soll, rückt ihn das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig ins Rampenlicht einer Ausstellung.
Ausstellungsmacher Volker Rodekamp kommt aus Bielefeld.
»Herr der Regeln - der Fußballreferee« heißt die Schau, die mit mehr als 800 Objekten auf 600 Quadratmetern bis zum 30. Juli den Unparteiischen in allen Facetten wahrnimmt - von seiner Arbeit im Dienst der sportlichen Gerechtigkeit bis zum Mitwirken an betrügerischen Machenschaften im Wettbüro. Konzipiert hat die Ausstellung Volker Rodekamp, ein Ostwestfale, der in den 1960er Jahren in Arminia Bielefelds Schülermannschaft den Ball am Fuß führte. Heute ist er Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums in Leipzig und empfindet größten Respekt vor Schiedsrichtern.
720 000 leiten mit ihren Assistenten jedes Jahr zahllose Spiele in aller Welt. Rodekamp bedauert, dass Robert Hoyzer mit seinem Wettskandal Anfang 2005 das Schiedsrichterwesen und den Fußball in Verruf brachte. Hoyzer räumte ein, das DFB-Pokalspiel zwischen dem SC Paderborn und dem Hamburger SV (4:2) verschoben zu haben. Aufgrund seiner kriminellen Energie geriet er selbst zur Zielscheibe.
Auch unbescholtene Kollegen werden fast jedes Wochenende angefeindet. Egal ob Kreisliga oder Champions League: Immer wieder müssen Schiedsrichter als Hassobjekte herhalten, wenn enttäuschte Fans ihren Frust an ihnen auslassen. FIFA-Schiedsrichter Anders Frisk sah sich sogar mit Morddrohungen konfrontiert und erklärte seinen Rücktritt. »Nachspiel« heißt der Bereich in Leipzig, in dem die Besucher üble Beschimpfungen hören, die Schiedsrichter ertragen müssen.
Leipzig zeigt eine umfangreiche kulturhistorische Darstellung des 120-jährigen Ehrenamtes von den Regeln über die Fans bis zu den Stars wie Pierluigi Collina oder Markus Merk. Fotos, Karikaturen, Trikots, Unterlagen und Pfeifen, vieles davon aus Privatbesitz, erwartet die Gäste. So wie die Ausrüstung von Rudi Glöckner aus Markranstädt bei Leipzig, dem einzigen Deutschen, der ein WM-Endspiel gepfiffen hat: am 21. Juni 1970 in Mexiko City zwischen Brasilien und Italien.
Das Turnier vor 36 Jahren ist noch aus einem anderen Grund hochinteressant: Damals wurden die gelbe und rote Karte eingeführt. Die Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum am Böttchergäßchen ist dienstags bis sonntags, 10 bis 18 Uhr geöffnet.
www.herr-der-regeln.de

Artikel vom 21.03.2006