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Charles sieht das Ende des Empire

Die Tagebuchnotizen des Prinzen

London (dpa). Der Prozess gegen die Veröffentlichung von Reise-Tagebüchern von Prinz Charles hat jede Menge Klagen des britischen Thronfolgers ans Licht gebracht.
Prinz Charles, hier mit Ehefrau Camilla, macht Schlagzeilen. Foto: Reuters

Der heute 57-Jährige beschwerte sich in den Aufzeichnungen aus dem Jahr 1997 unter anderem darüber, dass er bei einem British-Airways-Flug mit der Business-Klasse vorlieb nehmen musste, weil in der Ersten Klasse der damalige Außenminister Robin Cook und andere Politiker saßen. Wörtlich schreibt er dazu: »Das ist das Ende des (britischen) Empires.«
Die Veröffentlichung von weiteren Tagebuch-Notizen ist die Folge einer Klage des Prinzen gegen die Sonntagszeitung »Mail on Sunday«, die im vergangenen November erste Auszüge publiziert hatte. Im Verlauf des Prozesses wurden nun weitere Bände öffentlich gemacht. Mit der Klage wollte der Prinz eigentlich genau dies verhindern.
In den Aufzeichnungen geht es vor allem um die Übergabe der britischen Kronkolonie Hongkong 1997 an China. Prinz Charles reiste damals mit einer Linienmaschine an. In seinen Aufzeichnungen sparte er auch nicht mit Kritik an den neuen chinesischen Machthabern und dem Ablauf der Übergabe-Zeremonie. Eine »entsetzliche Show im Sowjet-Stil«, bescheinigte er China, dessen Diplomaten ihn an »fürchterliche alte Wachsfiguren« erinnerten.
Aus den Aufzeichnungen geht auch hervor, dass sich Prinz Charles als »Dissident« empfindet, als Regimekritiker also. Mit dieser Selbst-Einschätzung hat der 57-Jährige im Vereinigten Königreich für eine weitere Überraschung gesorgt. Die altehrwürdige Tageszeitung »The Times« stellte knapp fest: »Normalerweise tragen Gefangene aus Gewissensgründen Ketten und keine Krone.«
Die Echtheit der Zitate wird vom Königshaus nicht bestritten; kritisiert wird die Veröffentlichung der privaten Aufzeichnungen. Der Termin für ein Urteil steht noch nicht fest.

Artikel vom 24.02.2006