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Ausbildung ohne Meister

Meybona bietet Lehrlingen einen echt süßen Arbeitsplatz

Von Bernhard Hertlein
Löhne (WB). Post von Meybona enthält meist Süßes -ÊSchokolade, die das Familienunternehmen in Löhne bei Herford herstellt. Das Süße, das der Brief an Robert Rasid enthielt, war allerdings noch wertvoller als Schokolade: ein Ausbildungsvertrag.

Diesem Brief im Sommer 2005 vorausgegangen war ein Besuch des Ausbildungsberaters der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwestfalen bei Meybona. Dort lief er sofort offene Türe ein. Axel Deppendorf, geschäftsführender Gesellschafter der Schokoladenfabrik: »Natürlich waren die Appelle an die Wirtschaft, ausbildungswillige Jugendliche nicht allein zu lassen, nicht spurlos an uns vorübergegangen.«
Dazu kam die Erfahrung, dass gut ausgebildete Fachkräfte für Süßwarentechnik auf dem Arbeitsmarkt kaum zu finden sind. Deppendorf: »Wir haben uns da manchmal schon mit ausgebildeten Bäckern und Konditoren ausgeholfen.«
Trotz allem war aber noch die Frage, »ob wir überhaupt ausbilden dürfen«. Schließlich arbeitete damals kein ausgebildeter Meister im Betrieb. Doch hier konnte die IHK Entwarnung geben. Als ausgebildete Fachkraft für Süßwarentechnik und dank mehrjähriger Berufserfahrung besaß Deppendorf selbst die Voraussetzungen für den notwendigen Eignungsnachweis: »Das wurde von der IHK ganz unbürokratisch geregelt.« Inzwischen hat das Unternehmen übrigens doch auch einen Meister eingestellt.
Anfangs war Meybona sogar bereit, zwei Lehrlinge auszubilden. Doch der Vertrag mit dem zweiten jungen Mann wurde, nachdem dieser schon in den ersten zwei Wochen mehrmals unentschuldigt nicht am Arbeitsplatz erschienen war, schnell wieder aufgelöst.
Robert Raschid, dessen Eltern in Makedonien geboren sind, hat dagegen alle positiven Erwartungen Deppendorfs bisher erfüllt: »Er ist mit Spaß bei der Arbeit, ehrgeizig und lernt schnell.« Wenn andere während der Blockschulwochen in Solingen abends gern die Kneipen aufsuchen, wiederholt er lieber für sich den Lernstoff des Tages. Das freut den Ausbilder natürlich.
Die Lehrzeit dauert drei Jahre. Die Aussicht, in der Produktion weiter beschäftigt zu werden, ist sehr gut. Es gibt in ganz Deutschland nur etwa 100 Auszubildende in diesem Beruf. Da ist eher die Gefahr, dass die großen Schokoladen-Hersteller die Fachkräfte ihrer Mitbewerber abwerben.
Meybona, 1923 von Axels Großvater Emil Meyerkamp gegründet, produzierte bis in die sechziger Jahre neben Schokolade auch Zuckerwaren, Marzipan, Pfefferminzstangen usw. Ein großer Teil wurde von Händlern auf Jahrmärkten verkauft.
Anfang der siebziger Jahren waren Axels Mutter Ursula Deppendorf und deren Schwester Anneliese Meyerkamp die Chefinnen. In den achtziger Jahren wurde das Exportgeschäft aufgebaut. 1999 stieg Axel Deppendorf in die Geschäftsführung ein.
Meybona beschäftigt heute 25 Mitarbeiter. Nischenprodukte wie Bio-Schokolade, Trend-Schokolade (mit Hanfsamen) und Schokolade mit 72-prozentigem Kakaogehalt sorgen für eine ständig steigende Nachfrage. Sehr pfiffig sind die Verpackungsideen: Gibt es einen süßeren Gruß, als wenn darin Schokolade eingepackt ist?

Artikel vom 25.02.2006