23.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Geldtransporter in ganz Deutschland knapp

Preis nach Heros-Pleite verdoppelt - Prodiac profitiert

Von Edgar Fels
Bielefeld (WB). Zwei Tage nach der Pleite von Heros kehren immer mehr Kunden der größten deutschen Geldtransport-Firma den Rücken und wandern zur Konkurrenz ab. So stand gestern bei der Bielefelder Prodiac Sicherheit GmbH das Telefon nicht still. Das Problem: Es fehlen gepanzerte Fahrzeuge.
Am Safe: Sicherheitsmitarbeiter Sven Uekmann.

»In ganz Deutschland sind Geldtransporter knapp«, schilderte Uwe Dreyer (49), Geschäftsführer des Geldtransport- und Wachdienstunternehmens Prodiac (500 Mitarbeiter/im Jahr 2005 insgesamt zwölf Millionen Euro Umsatz) die Situation. Dreyer zufolge seien mit der Heros-Insolvenz etwa 1000 Fahrzeuge ausgefallen. Sein Unternehmen entsorge die Barbestände des Handels im Umkreis von etwa 100 Kilometern und habe dafür 16 speziell gepanzerte Fahrzeuge im Einsatz. Viel zu wenig, um die zusätzlichen Aufträge durchführen zu können.
Daher habe er bis gestern Nachmittag kurzfristig vier weitere Gebrauchtfahrzeuge gekauft. Dafür muss Prodiac indes tief in die Tasche greifen. Denn die enorme Nachfrage von zwar noch intakten aber bereits ausrangierten Geldtransportern hat die Preise der Fahrzeuge von heute auf morgen verdoppelt, berichtet Dreyer. Durch den Ausfall des Mitbewerbers geht Prodiac davon aus, seinen Umsatz bei Geldtransporten um bis zu 60 Prozent steigern zu können.
»Die Bargeldlogistik im Einzelhandel läuft problemlos weiter«, betonte gestern der Hauptverband des Einzelhandels. Bei den deutschen Banken hieß es, es gebe keine Schwierigkeiten. Die Deutsche Bank sieht einem Sprecher zufolge anders als viele Wettbewerber derzeit keine Notwendigkeit, den Dienstleister zu wechseln und Heros den Rücken zu kehren. Für Deutschlands größtes Kreditinstitut wäre es am schwierigsten, Alternativen zu finden, schließlich wird die Mehrzahl ihrer Geldautomaten von Heros bestückt.
Branchenkenner bezweifeln, dass die Konkurrenten von Heros über ausreichende Kapazitäten verfügen, sollte Heros den Betrieb einstellen. »Wie soll das gehen? Heros hat etwa die Hälfte der Autos, die in Deutschland für Geldtransporte unterwegs sind«, sagte ein Banker.
Aldi, Lidl, Rewe und Co. sind auf die Dienstleistungen der Geldtransport-Unternehmen angewiesen. Früher war das anders. Da ging der Filialleiter mit den Tageseinnahmen zur Bank vor Ort. Heute holen Firmen wie Heros und Prodiac die Gelder in den Geschäften ab und bringen sie in ihre kameraüberwachten »Cashcenter«, wo die Scheine gezählt und auf Echtheit überprüft werden. Von dort aus wird das Geld schließlich bei der Bundesbank eingezahlt und auf die Konten der Kunden überwiesen.
»Wenn das Geld von den Geschäften nicht abgeholt und bei der Bank eingezahlt wird, hat der Handel, der ohnehin schon mit geringen Margen arbeitet, ein Problem«, sagte ein Insider.
Unterdessen will der verhaftete Firmeninhaber (57) von Heros ein Geständnis ablegen. Sein Anwalt: »Er klärt den Sachverhalt auf und übernimmt die Verantwortung.«

Artikel vom 23.02.2006