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»Sie war völlig fertig«

Anni Friesinger bleibt weiter ohne Einzel-Medaille

Turin (dpa). Der Geist war willig, aber der Körper versagte den Dienst: Anni Friesinger hat über 1500 Meter einen Einbruch erlitten und das sehnlichst erhoffte Einzel-Edelmetall bei den Winterspielen verpasst.Anni ist aufgeregt und ausgepumpt: Im Ziel »roch« es für Friesinger noch nach Bronze. Aber im letzten Lauf war Ireen Wüst schneller unterwegs.
Im direkten Duell musste die 29- jährige Inzellerin Cindy Klassen aus Kanada auf der Zielgeraden ziehen lassen und belegte nur den enttäuschenden vierten Platz. »Es ist eine ganz traurige Geschichte. Sie war völlig fertig«, sagte ihr Trainer Markus Eicher, der seine völlig ausgepowerte Musterschülerin zunächst sogar stützen musste. Ob sie am Samstag die 5000 Meter läuft, ließ der Coach offen: »Das müssen wir noch überdenken.«
Team-Olympiasiegerin Daniela Anschütz-Thoms spendete ihrer Kollegin Trost: »Das ist sehr traurig für Anni, aber auf der anderen Seite menschlich, wenn man so viele Strecken läuft wie sie. Es tut mir so wahnsinnig Leid für sie.«
Weltrekordlerin Cindy Klassen erfüllte sich endlich den Traum vom Olympia-Gold, nachdem sie zuvor in Turin bereits zwei Mal Silber im Team und über 1000 Meter sowie Bronze über 3000 Meter gewonnen hatte. Die bibeltreue Christin setzte sich in 1:55,27 Minuten vor ihrer Landsfrau Kristina Groves durch. Die 29-Jährige aus Ottawa legte mit Bahnrekord von 1:56,74 Minuten eine Zeit vor, die nur Klassen toppen konnte. Bronze wurde Anni Friesinger (1:57,31) im letzten Paar von Ireen Wüst (Niederlande/1:56,90) entrissen. »Es ist aber kein Drama - das Leben geht weiter. Ich hatte doch insgesamt eine Super-Saison«, versuchte sie sich zu trösten.
Nach dem goldenen Team-Rennen und der Wimpernschlag-Entscheidung über 1000 Meter hatte Friesinger immer wieder über Husten, eine »verklebte« Muskulatur und schwere Beine geklagt. »Ich fühle mich müde, bin ganz schön platt«, gestand sie.
Vor vier Jahren hatte Friesinger nach zwei Rennen ohne Medaille in Salt Lake City gerade auf den 1500 Metern ihre Trumpfkarte ausspielen können. »Natürlich hatte ich wieder mit einer Medaille geliebäugelt«, gab sie zu. Daniela Anschütz-Thoms (Erfurt) hielt sich in 1:59,74 als Zehnte achtbar. Lucille Opitz (Berlin) hatte als 30. (2:02,75) mit dem Ausgang des Rennens nichts zu tun.

Artikel vom 23.02.2006