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»Sitzen ist Gift: Ich muss mich bewegen«

Radsportlegende Täve Schur wird heute 75

Leipzig (dpa). »Täve war unser erster Fritz Walter - oder vielleicht noch etwas mehr.« Diese Charakterisierung von DDR-Sportreporter Heinz-Florian Oertel trifft noch heute zu. Wo immer Gustav-Adolf Schur auftaucht, wird er von Menschen Freude strahlend empfangen.

Ob beim Kaffeetrinken in Magdeburg, auf der Aussichtsplattform des Mont Blanc oder im Flugzeug nach Moskau: Schur wird um Autogramme gebeten. Meistens erfüllt es ihn mit Stolz. »Das ist die höchste Ehre, die ein Sportler bekommen kann. Einfach sagenhaft«, sagt die Radsportlegende, die heute den 75. Geburtstag feiert, gerührt.
Im Zenit seines Leistungsvermögens holte Schur, der 1955 als erster ostdeutscher Fahrer die Friedensfahrt gewann und das vier Jahre später wiederholte, Ende der 50er Jahre zwei Mal den Straßenrad-Weltmeistertitel der Amateure (1958 und 1959). Bei Olympia 1956 und 1960 gewann der Heyrothsberger mit der Mannschaft Bronze und Silber. Insgesamt stand der sechsfache DDR-Meister 130 Mal auf dem obersten Treppchen.
Unsterblich wurde Täve jedoch, als er bei der Straßen-WM 1960 auf dem Sachsenring aus taktischen Gründen auf seine Siegchance verzichtete und Teamkollege Bernhard Eckstein Gold holte. Schur belegte vor dem Belgier Willy Vandenberghe den zweiten Platz. Der Mythos war geboren.
Das Rad begleitet den Jubilar noch heute. Ohne seinen Drahtesel würde sich Schur einsam fühlen. »Sitzen ist Gift, wenn ich gesund bleiben will, muss ich mich bewegen«, betont Schur, der 100 Jahre alt werden möchte. So schrubbt der Sport-Veteran wöchentlich noch immer 70 bis 80 Kilometer auf seiner Straße: der B 1 Richtung Burg. Sonst ist der frühere Volkskammer- und Bundestagsabgeordnete noch im Gemeinderat von Heyrothsberge aktiv. »Ich möchte mit meinem Namen einen Beitrag leisten, dass die Menschen vernünftiger denken«, sagt der Idealist.

Artikel vom 23.02.2006