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Unions-Fraktionschef Volker Kauder über den Koalitionspartner SPD

»Auch wenn wir uns gut verstehen: Wir haben nicht vor, zu fusionieren.«

Leitartikel
100 Tage große Koalition


Jetzt geht
es erst
richtig los


Von Dirk Schröder
Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Dieses Motto gilt zwar für die Karnevalisten, die in diesen Tagen auf den Höhepunkt ihres närrischen Treibens zusteuern. Nicht jedoch für die schwarz-rote Bundesregierung. Am Aschermittwoch ist sie genau 100 Tage im Amt. Doch sie hat ihren Höhepunkt erst noch vor sich, und auf diesem Weg wird es sicher nicht so lustig zugehen wie bei den Karnevalsfreunden.
Um gar nicht erst Katerstimmung aufkommen zu lassen, haben Union und SPD ihre 100-Tage-Bilanz bereits gestern vorgelegt. Auffallend war die Betonung des herzlichen Klimas, das in der Koalition herrsche, hat es doch gerade um die gemeinsame Vorstellung dieser Bilanz einigen Ärger gegeben.
Doch wenn die Koalition erfolgreich sein will, ist sie in der Tat gut beraten, diesen Ärger schnellstens zu vergessen, wie einiges mehr der vergangenen 100 Tage. Vizekanzler Franz Müntefering und mit ihm seine Partei sind in Umfragen dramatisch abgestürzt, während sich Angela Merkel mit der Union in einem Hoch befindet. Das hat zu manchen Querschüssen, Sticheleien und Eifersüchteleien geführt. Auch das Durcheinander in der SPD-Spitze, zum Beispiel bei der Rente mit 67, war dem Koalitionsklima nicht gerade förderlich.
Doch es ist keine schlechte Bilanz, die die Koalition bisher vorweisen kann. Es war nun einmal keine Liebesheirat. Doch in dieser Vernunftehe läuft es besser, als viele zu Beginn geunkt haben. Die Richtung stimmt auf jeden Fall. Natürlich hat der Großen Koalition geholfen, dass die Bürger von Rot-Grün genug hatten und sie auf eine positive Stimmung traf. Und dass auch die Wirtschaft mit großer Hoffnung in die Zukunft blickt, ist Rückenwind für die Regierung, den sie noch brauchen wird.
Denn bei allem außenpolitischen Ansehen, das sich Angela Merkel in den vergangenen Monaten erworben hat, die schwierigen Aufgaben warten noch auf CDU/CSU und SPD. Die Gesundheitsreform wird ein Knackpunkt sein, liegen hier doch die Vorstellungen der Koalitionspartner noch weit auseinander. Bei der Haushaltssanierung erhält Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ungeteilte Unterstützung von der Union, auch wenn er noch einmal Riesenschulden aufnimmt. Doch die Nagelprobe kommt erst mit dem Haushalt für 2007 und der Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte.
Die Koalition kann noch damit rechnen, auch die Bürger an ihrer Seite haben, wenn es ums Sparen geht. Dazu passt es aber ganz und gar nicht, dass sich Steinbrück angesichts der immer wieder gepredigten leeren Kassen für 160 000 Euro einen Imageberater zulegen will. Das gerade erworbene Vertrauen der Bürger ist schnell wieder verspielt.
Auch wenn die gute 100-Tage-Bilanz kein Karnevalsscherz ist: Am Ende wird auch Angela Merkel daran gemessen werden, ob sie die zu hohe Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen hat.

Artikel vom 23.02.2006