22.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

E.ON will sich Endesa einverleiben

Energieversorger macht 70 Prozent mehr Gewinn und peilt 50 Millionen Kunden an

Düsseldorf/Madrid (Reuters). Deutschlands größter Energiekonzern E.ON will mit der milliardenschweren Übernahme des spanischen Konkurrenten Endesa an die Weltspitze der Strom- und Gasversorger rücken.
Das Logo des spanischen Stromkonzerns.

E.ON legte gestern ein Barangebot über 29,1 Milliarden Euro für Endesa vor und überbot damit die bereits von der spanischen Regierung gebilligte Offerte des spanischen Konzerns Gas Natural deutlich. Zusammen mit den Schulden, Rückstellungen und Restrukturierungskosten des spanischen Stromriesen geht es für E.ON um ein Gesamtvolumen von gut 55 Milliarden Euro. Dies wäre die teuerste Übernahme eines deutschen Unternehmens im Ausland.
»Diese Transaktion bringt nicht nur E.ON in eine neue Dimension. Auch für Endesa und ihre Mitarbeiter bietet sie entscheidende Vorteile«, sagte E.ON-Chef Wulf Bernotat. Endesa werde nicht zerschlagen und solle für seine Kernmärkte Südeuropa und Lateinamerika zuständig bleiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Spaniens Regierungschef Jose Luis Zapatero nach Angaben eines Regierungssprechers in Madrid vorab über das E.ON-Angebot informiert.
Der Endesa-Vorstand nannte die Übernahmeofferte gestern Abend allerdings unangemessen. Das Angebot spiegele den tatsächlichen Wert Endesas nicht angemessen wider, hieß es nach einer Vorstandssitzung. Positiv sei jedoch, dass E.ON in bar bezahlen und keine Endesa-Aktiva veräußern wolle. Gas Natural erklärte, an seiner als feindlich eingestuften Offerte in Höhe von 22,5 Milliarden Euro festzuhalten.
Kartellrechtliche Probleme sieht E.ON nicht. Erst vor zwei Monaten war der Düsseldorfer Konzern mit dem Versuch gescheitert, den britischen Versorger Scottish Power zu übernehmen. E.ON und Endesa verfügen zusammen über 50 Millionen Kunden in 30 Ländern in Europa, Nord- und Südamerika. Mit einer Fusion entstünde ein Energieriese mit mehr als 107 000 Beschäftigten, der mehr als 600 Milliarden Kilowattstunden Strom und gut 940 Milliarden Kilowattstunden Gas verkauft. Der Gesamtjahresumsatz beliefe sich auf knapp 65 Milliarden Euro.
Mit Endesa würde der E.ON-Konzern, der für das vergangene Jahr dank mehrerer Verkäufe einen Gewinnsprung um 70 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro bekannt gab, nicht nur seine Position in Südeuropa verstärken, sondern sich auch Zutritt zum lateinamerikanischen Markt verschaffen.
Den Kaufpreis will E.ON über Kredite von HSBC, Citigroup, JP Morgan und Deutsche Bank finanzieren. Eine Kapitalerhöhung um bis zu zehn Prozent halte sich E.ON aber offen, sagte Finanzvorstand Erhard Schipporeit. Branchenexperten werteten den Vorstoß überwiegend positiv. »Vom strategischen her ist das interessant, denn der spanische Markt bietet höhere Wachstumsraten als etwa der deutsche«, sagte Analyst Nils Machemehl von MM Warburg. Mario Kristl von der Helaba Trust verwies auf die »volle Kriegskasse« bei E.ON, die eine Kapitalerhöhung wohl erübrige.
Der Gewinnanstieg im vergangenen Jahr geht vor allem auf den Verkauf der Immobilientochter Viterra und von Ruhrgas Industries zurück. E.ON plant eine Dividende von sieben Euro je Aktie nach 2,35 Euro im Jahr davor. Enthalten ist ein Bonus von 4,25 Euro. Infolge der Preisanhebungen für Strom und Gas legte der Konzernumsatz um mehr als 20 Prozent auf 56,4 Milliarden Euro zu.

Artikel vom 22.02.2006