01.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Sicherheit

Großleinwände können
Hooligans anlocken

Die Fußball-Weltmeisterschaft als Millionenspiel - das trifft nicht nur auf Ticketverkauf und Fantourismus zu. Auch die Kosten der öffentlichen Sicherheit vor und während des Turniers schlagen ordentlich zu Buche.


Nicht ohne Grund hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) für die Zeit der WM eine Urlaubssperre für seine Polizeibeamten verhängt. Zusammenstöße zwischen Hooligans erwarten die Sicherheitsbehörden nämlich weniger in den Stadien, wo es Einlasskontrollen gibt, als vielmehr in den vielen Städten, in denen Großbildleinwände stehen werden - wie etwa in Gütersloh. Bei diesen Veranstaltungen wird die Polizei zahlreiche Kräfte im Hintergrund bereithalten, Überstunden werden zu tausenden anfallen.
Was die Sicherheit kostet, kann oder will noch niemand sagen. Fest steht: Um die zwölf Stadien sowie hunderte Großbildleinwände und Fanmeilen bundesweit vor Terror-Anschlägen, Hooligan-Gewalt oder sonstiger Kriminalität zu schützen, wird voraussichtlich eine dreistellige Millionensumme fällig - mindestens. Dem Bundesinnenministerium liegen »noch keine seriösen Zahlen« zu den Sicherheitskosten vor, denn abgerechnet wird erst nach Ende des Turniers am 9. Juli. Der Schutz des deutschen Luftraums durch AWACS-Aufklärungsflugzeuge, Grenzsicherung durch Bundespolizei und vorbeugende Maßnahmen anderer Behörden wie Bundeskriminalamt, Verfassungsschutz oder Katastrophenschutz dürften zu den dicksten Kosten-Brocken für die schwarz-rote Regierung in Berlin gehören.
Das WM-Organisationskomitee (OK) hat einen Etat von mehr als 20 Millionen Euro für den Bereich Sicherheit veranschlagt. Vor allem Personal- und Schulungskosten für die Sicherheitsdienste rund um Stadien und Teamquartiere werden aus diesem Topf bezahlt.
Für die Bundesländer wird es umso teurer, je mehr WM-Spiele und Fanveranstaltungen in ihren Grenzen stattfinden. So rechnet Bayern mit den Spielorten München und Nürnberg allein mit zwölf Millionen Euro für Sachausgaben der Polizei, 4,6 Millionen für Katastrophenschutz sowie weiteren Personalkosten bei Polizei und freiwilligen Helfern.
Nordrhein-Westfalen mit den Spielorten Gelsenkirchen, Köln und Dortmund hat schon mal die WM-Kosten für das Rettungswesen ermittelt - allein zehn Millionen Euro aus der Landeskasse werden für 49 Rettungscontainer investiert. Außerdem tritt NRW bei den Kosten der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) beim Landeskriminalamt Düsseldorf in Vorlage. Die WM-Stadt Dortmund will für die Sicherheit ihrer zentralen Großveranstaltungen 500 000 Euro ausgeben. Auch Gelsenkirchen wird die Fanmeile mit einem von ihr selbst finanzierten privaten Sicherheitsdienst schützen.
Berlin mit sechs Spielen im Olympiastadion - darunter das Finale - will seine WM-bedingten Sicherheitskosten zunächst »aus dem Haushalt heraus schultern«. Der stellt jährlich insgesamt 31,4 Millionen Euro für Objektschutz und 36,4 Millionen für Polizeieinsätze bereit. Notfalls will die Hauptstadt vom Bund einen zusätzlichen Ausgleich verlangen. Sachsen unterstützt seine WM-Stadt Leipzig im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr mit 1,4 Millionen Euro.
Hessen mit dem WM-Stadion Frankfurt/Main geht erst dann von Zusatzkosten aus, wenn die 15 000 eingeplanten Polizisten Überstunden machen müssen. »Unsere Beamten sind ja schon eingestellt und bekommen ihr Geld«, sagte der Sprecher des Innenministeriums in Wiesbaden, Michael Bußer. Ähnlich sieht es Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU). Er rechnet mit 360 000 Euro für Polizeieinsätze allein bei den WM-Spielen in Stuttgart - für Verpflegung, Mehrarbeit und Sachausgaben.
Alle 16 Bundesländer - auch solche ohne WM-Spiele oder WM-Quartiere in ihren Grenzen - befürchten teils erhebliche Kosten für Überstunden der Polizei. »Das wird in die Millionen gehen«, sagte Frank Rasche vom niedersächsischen Innenministerium. Dabei hängt viel davon ab, wie reibungslos die nur schwer kalkulierbaren Fanveranstaltungen - etwa »Public Viewing« mit Großbildleinwänden oder »Feiermeilen« in den Städten - verlaufen. Deshalb sind für die Zeit der Weltmeisterschaft nicht nur in NRW Urlaubssperren für die Polizisten verhängt worden.

Ein Beitrag von
Christian Althoff

Artikel vom 01.03.2006