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Die Abzockermethoden der Schlüsseldienste

Bauernfängerei mit der Telefonnummer: Branchenführer aus Lippstadt muss Geldbuße zahlen

Von Hubertus Hartmann
Paderborn/Lippstadt (WB). Verbraucherschützer warnen immer wieder vor dubiosen Geschäftsmethoden von Schlüssel-Notdiensten.

Einem bundesweit tätigen Unternehmen aus Lippstadt - nach eigenen Angaben mit einem Umsatz von fünf Millionen Euro Branchenführer - klopfte die Justiz jetzt auf die Finger. Der 43-jährige Firmenchef stand gestern wegen Betruges vor dem Paderborner Landgericht. Der Trick: Im Branchenverzeichnis und in örtlichen Telefonbüchern wirbt das Unternehmen stets ohne Vorwahl. »Kunden wurde damit suggeriert, es handle sich um eine ortsansässige Firma«, kritisiert Staatsanwalt Andres Asensio.
Tatsächlich werden Anrufe - ob aus Kiel, Kassel oder Kulmbach - aber zur Zentrale nach Lippstadt weitergeschaltet. Die in Marsch gesetzten Monteure reisen von irgendwo an und kassieren dann hohe Anfahrtskosten - in den angeklagten Fällen Beträge zwischen 60 und knapp 200 Euro. Zudem seien Zuschläge für den Einsatz von Spezialwerkzeugen (15 bis 65 Euro) abgerechnet worden, »wo in Wirklichkeit nur ein Schraubenzieher erforderlich war«. Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge von 100 Prozent seien ohnehin üblich.
So kostet das Öffnen einer zugeschlagenen Haus- oder Wohnungstür oft 300 Euro und mehr. Bevorzugte Opfer sind offenbar alte Menschen. Asensio: »Deren Notlage wird besonders schamlos ausgenutzt.« Der Gipfel des Wuchers war laut Anklage die Öffnung eines Tresors. Dafür verlangte die Firma 1700 Euro, obwohl lediglich 370 Euro gerechtfertigt gewesen seien.
Weil die Firma ihre Geschäftspraxis inzwischen aber transparenter gestaltet und auf die Anrufweiterleitung nach Lippstadt hinweist, stellte das Gericht des Betrugsverfahrung gegen Zahlung einer Geldbuße von 20 000 Euro ein.

Artikel vom 22.02.2006