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Immer mehr Vögel infiziert

103 Fälle an der Ostseeküste - Einschleppung aus Nordrussland

Schwerin/Berlin (dpa). Die Vogelgrippefälle in Mecklenburg-Vorpommern nehmen weiter zu. Das gefährliche Virus H5N1 ist inzwischen bei insgesamt 103 Wildvögeln nachgewiesen worden.
Das Riemser Institut für Tiergesundheit stellte das Virus bei weiteren 18 Schwänen, drei Kanadagänsen sowie einem Mäusebussard fest. Alle neuen Befunde stammen von der Insel Rügen, die meisten aus dem Bereich der Wittower Fähre, wo auch die beiden ersten infizierten Schwäne gefunden worden waren. Unterdessen wurde das Virus H5N1 erstmals auch in Ungarn entdeckt. Damit ist die gefährliche Vogelgrippe in sieben EU-Ländern aufgetreten.
Der Agrarausschuss des Bundestages kommt heute in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen. Die FDP-Bundestagsfraktion fordert von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) Aufklärung über das Krisenmanagement der Behörden in Mecklenburg-Vorpommern, das in die Kritik geraten war.
Seehofer hofft trotz der weiteren Ausbreitung der Vogelgrippe an der Ostsee auf einen Erfolg im Kampf gegen die Tierseuche in Deutschland. »Wenn wir rigoros in der Tierseuchenbekämpfung vorgehen, werden wir es in absehbarer Zeit durchaus in den Griff bekommen können«, sagte Seehofer. Die zentrale Frage sei dabei, ob ein Übergreifen der Vogelgrippe auf das Hausgeflügel verhindert werden könne.
Die Vorsitzende des Agrarausschusses, Bärbel Höhn (Grüne), hat die Absage von Großereignissen wie die Fußball-WM vorgeschlagen, falls die Vogelgrippe von Mensch zu Mensch übertragbar werden sollte. Sie wollte dies aber nicht auf die diesjährige Weltmeisterschaft beziehen, die am 9. Juni in München beginnt. Es sei nicht damit zu rechnen, dass die Vogelgrippe schon zu Beginn der WM 2006 von Mensch zu Mensch übertragbar sei, sagte sie.
An der 1600 Kilometer langen Küste Mecklenburg-Vorpommerns sollen Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr ein genaues Bild weiterer Fundorte toter Vögel liefern. Die Bundeswehr stockte ihre Kräfte auf Rügen auf 300 auf. Die mit Schutzanzügen ausgestatteten Soldaten sammelten auch gestern tote Vögel ein. Auch in den Landkreisen und großen Städten an der Küste wird gezielt nach toten Vögeln gesucht. Um einen Übergriff der Seuche auf Nutztierbestände zu verhindern, wurden auf der Insel bis gestern 2865 Tiere vorsorglich getötet, vor allem Hühner und Enten bei einem großen Betrieb und mehreren Kleinsthaltern.
Nach Einschätzung des Friedrich-Loeffler-Instituts ist Rügen zufällig zum Einfallstor für die Vogelgrippe in Deutschland geworden. »Wir favorisieren die Hypothese, dass das Virus von infizierten Singschwänen einer nordrussischen Population nach Westen getragen wurde. Es fehlen aber Befunde positiv getesteter Tiere aus dem Baltikum und aus Polen«, sagte ein Instituts-Sprecher. Vermutlich seien die Schwäne wegen der extremen Kälte im Osten in Richtung Westen ausgewichen.
In Ungarn ist bei drei verendeten Schwänen das Virus H5N1 nachgewiesen worden. Auch aus Nordgriechenland wurden ein neuer H5N1-Fall gemeldet. An der kroatischen Adriaküste wurde der erste Vogelgrippe-Fall bestätigt.
S. 4: Hintergrund/Kommentar

Artikel vom 22.02.2006