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Weiter Wirbel
um ÖSV-Team

Biathleten zeigen sich geständig

Turin (dpa). Der Österreichische Ski-Verband (ÖSV) ist drei Tage nach der Doping-Razzia in die Offensive gegangen.

Wie der Sportdirektor der Biathleten und Langläufer, Markus Gandler, mitteilte, haben die Weltklasse-Biathleten Wolfgang Rottmann und Wolfgang Perner zugegeben, »möglicherweise unerlaubte Methoden angewandt zu haben«. Der ÖSV suspendierte die beiden aus der Turin-Region geflüchteten Athleten ebenso wie den Trainer Emil Hoch.
»Mit Ausnahme von Perner und Rottmann sind bei keinem anderen Doping-Mittel gefunden worden«, erklärte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. Dies sei aus den Protokollen der italienischen Behörden, die die Durchsuchung am Samstag veranlasst hatten, hervorgegangen. Keine Erklärung hatte der ÖSV dafür, warum Coach Hoch nach der Polizei-Razzia am vergangenen Samstag ebenso übereilt wie die Athleten die Heimreise angetreten hatte. »Er ist nicht zu erreichen«, sagte Gandler. Für den Doping-Wirbel bat er um Pardon beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC).
Österreich war allerdings noch ein zweites Mal ins Fadenkreuz der staatlichen Doping-Fahnder geraten. Bei der am Montagabend angeordneten Durchsuchung eines angemietetes Hauses der Langläufer in Pragelato Plan sind die Carabinieri offenbar fündig geworden. Es wurde unter anderem eine Spritzennadel gefunden, die möglicherweise gebraucht worden war. Gandler hingegen behauptete: »Nichts ist gefunden worden.«
Die Carabinieri müssen das Quartier sehr gründlich durchkämmt haben. »Ich war in einer Pizzeria essen. Als ich heim kam, sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen«, berichtete Otto Jung, Heimtrainer des Läufers Martin Stockinger. In dem Haus soll der vom IOC bis 2010 wegen der so genannten »Blutbeutel-Affäre« von Olympia verbannte Langlauf-Trainer Walter Mayer logiert haben.
Dass sich Mayer, der bis zum Doping-Skandal von Turin im ÖSV für den Langlauf verantwortlich und Berater der Biathleten war, überhaupt bei den Winterspielen aufgehalten hat, bedauerte Schröcksnadel. »Den Vorwurf, dass ich zu Walter Mayer nicht gesagt haben, 'Du kommst nicht', ist ein Fehler gewesen«, bekannte er. Allerdings bestätigte der ÖSV-Chef auch, dass der inzwischen entlassene Trainer in einem offiziellen Auto des Verbandes bei den Turin-Spielen unterwegs war.
Unterdessen wurde Mayer gestern von einem Untersuchungsrichter in Klagenfurt vernommen. Dabei hat sich der 48-Jährige, der bei einer Amokfahrt am Sonntagabend in ein Polizeiauto gerast war, in allen Anklagepunkten voll geständig gezeigt. Wegen Selbstmord-Gefahr begab er sich danach wieder in das Landeskrankenhaus Klagenfurt, wo er sich einer psychiatrischer Behandlung unterzieht.

Artikel vom 22.02.2006