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»Nimbus« rast zu Gold

Kiriasis/Schneiderheinze bleiben im Zweierbob eiskalt

Turin (dpa). In der Goldspur von Cesana hat Sandra Kiriasis den ersten Olympiasieg für die deutschen Bob-Frauen herausgefahren. Trotz kapitaler Schnitzer im zweiten Lauf reichte es für die Olympia-Zweite von 2002 dank einer fulminanten Fahrt im dritten Durchgang zum erhofften Gold.

»Das ist ein Traum. Ich bin überglücklich«, sagte die Weltmeisterin aus Winterberg, nachdem sie ein paar Freudentränen verdrückt hatte. Im Ziel wurde Sandra Kiriasis von Anschieberin Anja Schneiderheinze und der enttäuschten Susi Erdmann aus Königssee in die Arme genommen, die bei ihren fünften Olympischen Winterspielen als Fünfte die ersehnte Medaille zum Abschied verpasste. Silber gewannen Shauna Rohbock/Valerie Fleming aus den USA vor den Italienerinnen Gerda Weissensteiner/Jennifer Isacco.
»Die ersten beiden Läufe waren Schrott. Der dritte war die beste Fahrt, so lief es zuvor im Training auch. Es fehlen mir fast die Worte«, sagte die 31-jährige Siegerin, die an der Innenseite ihres an Harry Potters Superbesen angelehnten Bobs »Nimbus 2006« das Bild des in Cesana verunglückten Cheftrainers Raimund Bethge geklebt hatte. »Sandra wird das Baby schon heimschaukeln«, hatte Bremserin Schneiderheinze aus Erfurt schon vor dem Finallauf prophezeit.
»Ich bin mächtig stolz. Ich bin ein 120 Kilo-Mann, aber jetzt bin ich vor Stolz noch schwerer«, freute sich Kiriasis' Vater Frank Prokoff, der Töchterchens Goldfahrt gemeinsam mit der Familie im Vereinsheim des RSC Winterberg am Fernseher verfolgt hatte.
Die Weltmeisterin, die die anspruchsvolle Bahn vor einem Jahr bei der Olympia-Generalprobe als »total komisch« bezeichnete, hatte anfangs einige Probleme mit ihrer Fahrlinie. Doch dann setzte sie das von Frauen-Bundestrainer Wolfgang Hoppe vorgegebene Erfolgsrezept für die anspruchsvolle Piste um: »Man muss die Spuren wie die Indianer lesen können. Aber man darf dabei nicht überziehen und alles den Männern nachmachen. Immerhin werden dort andere Geschwindigkeiten gefahren.«
Zwei Tage nach dem Olympiasieg von Andre Lange fuhr Kiriasis im ersten Lauf mit 57,16 Sekunden Bahnrekord, im zweiten Durchgang war sie auf dem 1435 Meter langen Kurs nur auf die siebtbeste Zeit gekommen.
Die durch eine Fußverletzung gehandicapte Susi Erdmann, die nach gewohnt schwachem Start eine gute Linie fand, wurde im dritten Lauf Opfer ihrer hohen Startnummer neun. »Ich verstehe das einfach nicht«, haderte sie mit dem großen Zeitverlust und schüttelte immer wieder deprimiert den Kopf. Kurz vor den Winterspielen hatte Erdmann noch das Gefährt gewechselt.

Artikel vom 22.02.2006