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Ein »Skandalfilm«
wird ganz brav

Freundliche »Elementarteilchen«


Das 1998 erschienene Gesellschaftspanorama »Elementarteilchen« des französischen Autors Michel Houellebecq gilt als der europäische Skandalroman der 1990er Jahre. Seine Verfilmung aber geriet superbrav. Dabei hatte die drastische Schilderung sexueller Aktivitäten das Buch in die Bestsellerlisten katapultierte, und man erwartete nun von der Kinoversion ein deftiges Leinwanderlebnis.
Tatsächlich wird der deutsche Regisseur Oskar Roehler (»Silvester Countdown«, »Die Unberührbare«) ebenfalls für seinen Hang zum Drastischen gerühmt. Doch die Uraufführung bei den Berliner Filmfestspielen überraschte Kritiker und Zuschauer gleichermaßen, denn Roehlers neckischer Film zum deftigen Buch verblüfft inhaltlich und ästhetisch mit harmloser Durchschnittlichkeit. Der Schocker wurde zur fast familientauglichen Starparade umgemodelt.
Beachtlich ist einzig der Aufmarsch deutscher Prominenz: Moritz Bleibtreu, Christian Ulmen, Martina Gedeck, Franka Potente, Nina Hoss, Uwe Ochsenknecht, Corinna Harfouch, Michael Gwisdek, Jasmin Tabatabai, Ulrike Kriener, Tom Schilling, Herbert Knaup, Hermann Beyer, Ingeborg Westphal - selbst kleinste Rollen sind hochkarätig besetzt.
Das ist amüsant. Überwiegend niedlich, also gar nicht zynisch wie bei Houellebecq, ging der auch für das Drehbuch zuständige Roehler die Geschichte an. Im Mittelpunkt steht ein ungleiches Halbbruderpaar: Michael (Christian Ulmen) lebt, abseits jeglicher Sexualität, allein für seine Gen- und Klonforschung. Bruno (Bleibtreu) dagegen leidet unter seinen sexuellen Phantasien.

Artikel vom 30.03.2006