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Zwischen Racheauftrag und
dem Zweifel am Muttermord

Euripides' Tragödie »Elektra« hat im TAM Premiere


Bielefeld (bp). Regisseur Patrick Schimanski bezeichnet die Tragödie »Elektra« als »die Königsdisziplin« des Theaters. Er inszeniert die »Elektra« von Euripides, der den unlösbaren Konflikt zwischen göttlichem Racheauftrag und dem Zweifel an der Berechtigung des Muttermordes ins Zentrum des Geschehens rückt. Bei Sophokles, häufiger aufgeführt, ist der Muttermord von Anfang an göttlich sanktioniert.
Die »Elektra« hat am Samstag, 25. Februar, 19.30 Uhr, im Theater am Alten Markt Premiere.
Schimanski und der Kostüm- und Bühnenbildner Colin Walker, mit dem Schimanski seit 15 Jahren zusammenarbeitet, gefällt, wie sich Euripides mit der Geschichte auseinandersetzt, wie er einen familiären Zwist nachzeichnet, der politische Dimensionen hat. Dem Duo gefällt die »Kraft der antiken Sprache«. Schimanski erzählt, er habe die Idee, die »Elektra« zu inszenieren, seit 17 Jahren mit sich herumgetragen: »Damals habe ich im Off bei ÝElektraÜ Schlagzeug gespielt.« Er webt Klangbilder in die Handlung ein, um ein »Flirren der Atmosphäre« zu erzeugen - mittels moderner Tontechnik.
Es spielen mit: Therese Berger, Harald Gieche, Ulrike Müller, Oliver Baierl, Stefan Hufschmidt, Andreas Hilscher und als Chorführerin Nicole Paul. Der Chor treibt die Geschichte voran, stachelt an, ist vollkommen auf einer Linie mit Elektra.
Die Geschichte: Als Agamemnon siegreich aus Troja zurückkehrt, wird er von seiner Gattin Klytaimnestra und deren Liebhaber Aigisthos im Bad ermordet. Tochter Elektra zieht sich ins selbst gewählte Exil zurück, heiratet einen Landmann, Orest flieht. Apollons Orakel hat die Geschwister angewiesen, ihren Vater zu rächen. Während Orest Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Muttermordes kommen, drängt Elektra zur Tat. Auch der Wunsch Klytaimnestras, sich mit ihrer Tochter zu versöhnen, die Beweggründe, die sie damals zum Gattenmord getrieben haben (Agamemnon opferte die Tochter Iphigenie den Göttern), vermögen nicht, Elektra zum Umdenken zu bewegen - sie kann nicht anders.
Regisseur Schimanski und Dramaturgin Claudia Lowin loben die Kraft der antiken Sprache und Euripides' kunstvollen Umgang mit ihr. Sie hoffen, die Zuschauer in den Sog der Geschichte und der Rhetorik hineinziehen zu können. Die Tragödie wird in der etwa 20 Jahre alten deutschen Übersetzung von Dietrich Ebener gespielt. Nach der Premiere finden im TAM Vorstellungen am 28. Februar, am 2./3., 8./9. März, am 5., 7./8./9. April und am 16./17., 19. und 21. Mai statt.

Artikel vom 22.02.2006