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Hundert Glanzstücke
mit magischen Kräften

Belgier sammelte deutsches Silber nach dem Bauhaus

Von Burgit Hörttrich und
Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). »Ein Belgier kauft deutsches Silber, das nach seinem Tod von einem belgischen Museum erworben wird.« Dr. Hildegard Wiewelhove, Leiterin des Museum Huelsmann gerät ins Schwärmen, wenn sie die Sammlung des Kaufmanns Vic Janssens (1909-2001) beschreibt, die von Freitag, 24. Februar, an in der Dependance ihres Hauses, in der »Weißen Villa«, zu sehen ist.

Rund 100 der gut 200 Stücke von 23 Künstlern, die Janssens seit den 1960er Jahren regelmäßig auf der Frankfurter Messe erworben hat, sind zu sehen. Das Silber ist inzwischen im Besitz des Antwerpener Silbermuseums Sterckshof. Der Kurator der Ausstellung Luc Wellens und Louis Thomas vom belgischen Museum bauen zurzeit die Exponate auf.
Der Textilhändler Janssens, immer mit Jutebeutel und auf dem Fahrrad unterwegs, sei keinesfalls vermögend gewesen, erzählt Hildegard Wiewelhove. Er habe für jede Kanne, für jeden Kelch, jede Schale, jede Dose, für jeden Kerzenhalter und für jede Vase sparen müssen: »Er hat das Silber eben heiß geliebt - kein Teil wurde je benutzt.«
Deshalb sei es auch kein Problem gewesen, den Gegenständen ihren Glanz zu geben, sagt Louis Thomas. Poliert werde allenfalls »ganz sacht« mit einer Paste.
Wichtig sei es, die Silberwaren möglichst luftdicht aufzubewahren: »Dann oxidiert das Material nicht so schnell.« Als die Sammlung in den Besitz des Museums Sterckshof kam, habe man eine Schale, deren Inneres feuervergoldet sei, zunächst für Kupfer gehalten, so angelaufen sei sie gewesen. Heute ist sie buchstäblich wieder ein Glanzstück. Louis Thomas erklärt: »Bei den meisten Gegenständen reichte es, sie einmal zu reinigen - jetzt müssen sie nur noch gelegentlich entstaubt werden.«
Vielfach wurden Halbedelsteine und kostbare Hölzer mitverarbeitet.
Hildegard Wiewelhove bedauert, dass die Silberschmiedekunst im Laufe der Jahre ins Hintertreffen geraten sei. Sie wünscht sich, dass Besucher sich durch die Ausstellung »Deutsches Silber nach dem Bauhaus« vielleicht anregen lassen, selbst wieder mit Silber zu glänzen: »Es hat einen so warmen Glanz, ist ein dauerhaftes Material, und es hat magische Qualitäten, weil es keimtötend wirkt.« Auftraggeber für Unikate seien heutzutage fast nur noch die Kirchengemeinden.
Im Museum Huelsmann mit den beiden Villen ist nicht nur das »moderne« Silber zu sehen, sondern auch viele Stücke des Bielefelder Bauhaus-Künstlers Wolfgang Tümpel und »frühes Silber« werden gezeigt. Das älteste Stück stammt aus dem Spätmittelalter: eine Trinkschale. Mit der neuen Ausstellung präsentiert sich auch die Weiße Villa »neu«: mit weißen Wänden, blauen Paneelen, die glänzenden Exponate präsentiert auf eisblauen Stoffen.

Artikel vom 22.02.2006