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Einfach etwas »mitnehmen«

»37¡«-Reportage über Kleptomanie

ZDF, 22.15 Uhr: Darüber redet niemand gerne. Deshalb fiel es der Redaktion der ZDF-Reportagereihe »37¡« auch nicht leicht, drei Menschen zu finden, die sich vor der Kamera zu ihrer Kleptomanie, dem zwanghaften Stehlen, bekennen.
Maurine allein im Kaufhaus - und in größter Gefahr, wieder etwas »einzupacken«. Foto: ZDF

Doch dann fanden sich drei Betroffene, die allerdings ihre Namen nicht veröffentlicht wissen wollten und ihr äußeres Erscheinungsbild verändern ließen, damit der Film »Erwischt - Wenn Stehlen zum Zwang wird« für die Reportagereihe im Zweiten realisiert werden konnte.
Zwanghaftes Stehlen hat viele Ursachen. Schon Krimi-Altmeister Alfred Hitchcock hat sich in seinem Klassiker »Marnie« mit Tippi Hedren und Sean Connery in den Hauptrollen der Kleptomanie angenommen. Bei »Marnie« war der Zwang zum Stehlen in einem traumatischen Kindheitserleben begründet. Doch es gibt keine wissenschaftliche Erklärung dafür und vor Gericht wird Kleptomanie nicht als Krankheit oder mildernder Umstand anerkannt.
Kleptomanisch veranlagte Personen sind Menschen, die oft jahrelang ein Doppelleben führten. Wie etwa Maurine: Die Mutter von vier Kindern klaut immer wieder Gegenstände von geringem Wert, die sie noch dazu gar nicht braucht. Nachdem sie neun Monate in einer Justizvollzugsanstalt bei München abgesessen hat, soll sie nun erneut für vier Monate ins Gefängnis. Dabei bräuchte sie dringend therapeutische Hilfe.
Michael (54), früher erfolgreicher Immobilienkaufmann, begann zu stehlen, als er seinen Job verlor und gleichzeitig seine Frau schwer erkrankte. Aus Scham ging er nicht zum Sozialamt. In dieser Lebenskrise war das Klauen wie ein Ventil. Erst nach anderthalb Jahren wurde er erwischt und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Michael besucht nun freiwillig eine »soziale Gruppenarbeit für Kaufhausdelikte« - und wurde nicht rückfällig.
Für die arbeitslose Akademikerin Marlie ist das Stehlen »wie eine Sucht«. Es begann, als sie nach Beendigung ihres Studiums 1997 trotz unzähliger Bewerbungen keinen Job fand. Nach drei Bewährungsstrafen muss sie nun mit einer Haftstrafe rechnen.

Artikel vom 21.02.2006