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Konzert für Menschen,
die Laute mitbringen

Philharmoniker integrativ gehen beschwingt an den Start

Von Uta Jostwerner
Bethel (WB). Er hätte nichts dagegen, wenn ein Publikum auch zwischen den Sätzen applaudiere, hatte Peter Kuhn unlängst in einem Interview mit dem WESTFALEN-BLATT gesagt. Bittesehr, Herr Generalmusikdirektor. Auch sonst gab's ein paar Unterschiede zum traditionellen Konzertbetrieb, richtet sich »Philharmoniker integrativ« doch bewusst an Menschen, »die ihre Laute mitbringen.«

Die von Philharmoniker Klaus Hansen, Posaunist, initiierte neue Konzertreihe wendet sich an eine Zielgruppe, der das herkömmliche Sinfoniekonzert mit seinen Konventionen in der Regel verschlossen bleibt: Menschen mit Behinderung und Kinder sind häufig nicht in der Lage, die gebührende Ruhe und Konzentration aufzubringen. Zudem werden bewegungsfreudige Kinder und Begleitlaute von anderen Konzertbesuchern als störend empfunden.
Ein Dilemma, aus dem »Philharmoniker integrativ« bewusst herausführt. Die flugs ins Leben gerufene Bielefelder Kammerphilharmonie setzt sich aus Profimusikern aus Bielefeld, Herford und Detmold zusammen. Ihre Mitglieder musizieren unentgeltlich, ebenso wie Peter Kuhn ehrenamtlich die Leitung des Konzerts übernommen hatte, das am Sonntagnachmittag im Assapheum ein großes interessiertes Publikum fand und in seiner lockeren und herzlichen Atmosphäre seinesgleichen suchte.
An Integration ist auch den von Bodelschwinghschen Anstalten gelegen. Ein Grund, weshalb das Tagungszentrum Bethel das Assapheum sowie Mitarbeiter kostenlos zur Verfügung stellte. Helfer schenkten in der ausgedehnten Pause Kaffee und Kuchen aus. Und in einem seltenen Bild reihten sich Eltern mit ihren Kleinkindern, Musiker und Bewohner Bethels in harmonischer Eintracht in die Schlange vorm Kuchenbuffet ein.
Vor dem Kaffeekränzchen hatte die Kammerphilharmonie Robert Schumanns Konzert a-Moll op. 129 für Violoncello und Orchester kredenzt. Edel und warmherzig führte das Spätwerk in ein romantisches Zauberreich, wobei Sebastian Foron den Solopart virtuos meisterte, ohne dabei in äußerliche Effekthascherei zu verfallen. Forons gefühlvoller Ton verfehlte seine Wirkung nicht und mischte sich mitunter mit Êspontanen Gefühlsäußerungen von Seiten des Publikums.
Bei der mitreißenden Musizierlust, mit der das Orchester im Anschluss die Sinfonie Nr. 5 von Franz Schubert servierte, schlug die Stunde der Kinder, ließ es sich zur Musik doch prima wippen und drehen. In klangsinnlicher Durchlichtung glitt das Allegro dahin, gefolgt von einem sich aussingenden romantischen Andante mit wehmütigem Dialog zwischen Geigen und Oboe. Tänzelnde Leichtigkeit, dabei echt und innig, zeichneten das Menuetto aus, ehe ein mit schönen dramatischen Akzenten versehendes, klassisch geführtes »Allegro vivace« den begegnungsreichen Nachmittag beendeten. So groß der Applaus, so echt die Begeisterung. Da capo!

Artikel vom 21.02.2006