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Sogar Sanogo hat Mitleid mit Hain

Arminias Torwart fängt sich beim 0:2 in Kaiserslautern ein einmaliges Gegentor

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Mathias Hain ist kein Typ, der sich versteckt. Auch dann nicht, wenn ihm, was selten genug vorkommt, mal ein Klops passiert. Doch nachdem Arminia Bielefelds Torwart im Fußball-Bundesligaspiel in Kaiserslautern Boubacar Sanogo das 2:0 in einer Manier vorgelegt hatte, »die so nie wieder vorkommen wird«, verschwand der Kapitän in der Kabine und schwieg.

»Ich war fix und fertig und so enttäuscht darüber, dass wir verloren haben. Aber ganz unabhängig von der Situation, die zum 0:2 führte. Ich war einfach verbittert und wollte mich erstmal sammeln«, begründet Hain. »Ich bin eigentlich ein Typ, der sich immer stellt und der auch immer zu den Fans geht, um ihnen für die Unterstützung zu danken.«
Aber was war passiert, dass an diesem Samstag auf dem Betzenberg alles anders war? Abgesehen davon, dass Arminia ein Spiel, das die Mannschaft eigentlich gar nicht verlieren konnte, verloren hatte, das, was Mathias Hain aus seiner Sicht so beschreibt: »Lauterns Torwart Jürgen Macho schlägt lang ab bis in unsere Hälfte. Marcio Borges hätte den Ball schon annehmen können, lässt ihn aber aufprallen. Hinter Marcio steht noch Radim Kucera. Ich habe ihm zugerufen, aber Radim hat mir hinterher gesagt, dass er mich nicht gehört hat. Er köpft den Ball in meine Richtung und weil er Angst hat, er könnte zu kurz kommen, mit etwas Druck.« Also läuft Bielefelds Torwart dem Ball hinterher, stoppt ihn auf der Torauslinie - und schiebt ihn Boubacar Sanogo mit der Hand zurück aufs Spielfeld und somit aufs Silbertablett.
Hain: »Ich hätte auf Nummer sicher und den Ball ins Aus gehen lassen können, bin aber hinterhergelaufen. Ich wollte die Ecke unbedingt vermeiden, weil die Stadion-Uhr schon 18 Minuten nach fünf zeigte. Wir hatten nicht mehr viel Zeit.«
Hain hatte Boubacar Sanogo in seinem Rücken nicht gesehen und auch nicht damit gerechnet, dass der Mann von der Elfenbeinküste auf eine Torchance aus dem Nichts spekulieren würde. »Ich muss mich bei Bielefelds Torwart für meinen achten Saisontreffer bedanken. Aber er tut mir auch leid. Sein Pech war mein Glück«, sagt Sanogo.
Hains Mitspieler Roberto Pinto bringt für die unfreiwillige Vorlage seines Torwarts Verständnis auf und äußert: »Ich kann mich gut in Matzes Lage versetzen. Er wollte das Spiel einfach schnell machen.«
Mathias Hain selbst findet es schade, dass sich nun alles auf diese eine Situation fokussiert, denn »wir haben insgesamt kein schlechtes Spiel gemacht«, sagt der Torwart, der weiß: »Jetzt stehe ich blöd da.«
Und würde Hain, um das zu vermeiden, beim nächsten Mal den Ball lieber ins Aus kullern lassen, anstatt die Chance auf ein spätes Tor aufrechtzuerhalten? »Die Frage stellt sich gar nicht, weil ich in diese Situation nie wieder kommen werde«, ist der Torwart überzeugt. Diese Szene war tatsächlich in jeder Beziehung einmalig, auch wenn sich der 33-Jährige in der vergangenen Saison beim Spiel in Stuttgart ebenfalls ein kurioses Tor durch den Schwaben Cacau gefangen hatte. Damals war er nach der Niederlage in die Offensive gegangen, gab bereitwillig Interviews. Der Unterschied zu damals: In Stuttgart war Arminia unterlegen, in Kaiserslautern dagegen dominant von der ersten Minute an. In Stuttgart entsprach die Niederlage dem Spielverlauf, in Kaiserslautern dagegen hätte es keinen anderen Sieger als Arminia geben dürfen.
Bielefelds Außenstürmer Marco Küntzel findet die Entstehung des zweiten Gegentreffers sogar »typisch für unser ganzes Spiel. Anders konnte Lautern doch gar kein Tor machen«. DSC-Finanzchef Roland Kentsch gibt an, so einen kuriosen Treffer wie den zum 0:2 in dieser Saison noch nicht gesehen zu haben. »Schade, dass es ausgerechnet Matze Hain passiert, der immer zu den Zuverlässigsten zählt.« Und Trainer Thomas von Heesen sagt nur: »Matze muss raus, aber so etwas passiert mal. Das ist abgehakt.«

Artikel vom 20.02.2006