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Glückwunsch zum 60-jährigen Bestehen


Von Helmut Heinen, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger
Deutschland ist ein Zeitungsland. Drei von vier Bewohnern älter als 14 Jahre greifen täglich zur Zeitung. Und sie können dabei unter 359 Titeln mit 1538 verschiedenen Ausgaben wählen. Um diese tägliche Pressevielfalt werden wir in vielen Ländern der Welt beneidet. Dass der deutsche Zeitungsmarkt bis heute so vital und vielgestaltig ist, liegt nicht zuletzt in den Zufällen und Schicksalhaftigkeiten der deutschen Geschichte begründet.
Eines steht fest: Ohne Gutenberg keine Zeitung. Ohne Zeitung keine Aufklärung, keine Meinungsfreiheit, keine Demokratie. Wohl niemand konnte jedoch um die Mitte des 15. Jahrhunderts erahnen, was aus Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern noch werden sollte: Der Buchdrucker Johann Carolus war der erste, der 1605 im, damals deutschen, Straßburg auf die Idee kam, seine wöchentlichen Korrespondenzen nicht mehr handschriftlich vervielfältigt, sondern in gedruckter Form herauszubringen.
»Relation« nannte Carolus die Sammlung kurzer Meldungen - es war die Geburtsstunde der ersten Zeitung der Welt.
Das Interesse der Leser an Zeitungen war von Anfang an enorm. Die zentrale Lage im Schnittpunkt wichtiger europäischer Postrouten und der verhältnismäßig hohe Alphabetisierungsgrad in breiten Schichten der Bevölkerung sorgten bereits Mitte des 17. Jahrhunderts für ein großes potenzielles Lesepublikum. Hinzu kam ein ausgeprägter Regionalismus, der schon früh zu einer ungewöhnlichen Pressevielfalt führte.
Heraklits Diktum, dass der Krieg der Vater aller Dinge sei, trifft für die Struktur unseres Zeitungsmarktes tatsächlich zu: Der Dreißigjährige Krieg richtete in Deutschland nicht nur furchtbare Verheerungen an, sondern zementierte auch die Zersplitterung in kleine und kleinste Fürstentümer für viele Generationen. Hier liegt eine Wurzel all der lokalen und regionalen Zeitungen, wie wir sie bis heute so zahlreich vorfinden. Erst die Gleichschaltung der Presse durch die Nazis und der Zweite Weltkrieg zerstörten diese Vielfalt. Mit Kriegsende jedoch begann auch der deutsche Zeitungsmarkt erneut zu blühen - diesmal auf Veranlassung und dank der Mithilfe der alliierten Besatzungsmächte, die die Lizenzen zum Verlegen von Zeitungen erteilten, am 15. März 1946 auch an das WESTFALEN-BLATT, das zunächst noch »Westfalen-Zeitung« hieß.
Die meisten unserer Zeitungen verstehen sich als lokale und regionale Blätter, die sich in der Berichterstattung vor allem auf das unmittelbare Lebensumfeld ihrer Leser konzentrieren. Sie sind mit der Region und ihren Bewohnern eng verbunden. Gleichwohl sind sie auch unverzichtbare Mittler des Weltgeschehens; täglich liefern sie Nachrichten und Hintergrundberichte zu wichtigen Ereignissen und Entwicklungen. Für die Leser ist die lokale Zeitung seit jeher mehr als ein Informationsmedium; sie schätzen »ihre Zeitung« gleichsam als Kompass, der Orientierung bietet in einer Welt, die auch im Lokalen immer komplexer wird.
Zum 60-jährigen Bestehen des WESTFALEN-BLATTS übermittle ich im Namen des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger die besten Grüße. Der Verlegerfamilie Busse sowie den Mitarbeitern in Redaktion und Verlag wünsche ich, dass der Erfolg ihres publizistischen Engagements auch weiterhin durch die Treue ihrer Leser bestätigt wird.

Artikel vom 15.03.2006