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Wenn ein Brot eine Million Mark kostet

Dr. Bernhard Hünerhoff (85) berichtet im Erzählcafé aus seinem ereignisreichen Leben

Brackwede (alb). Dr. Bernhard Hünerhoff, 85, bekannter Internist und Radiologe aus Brackwede, ist ein lebensfroher Mensch, der viel erlebt hat und dessen Lebensweg eng mit seiner Heimatstadt Bielefeld verknüpft ist. Davon konnten sich die knapp 100 interesssierten Zuhörer im Erzählcafé der evangelischen Bartholomäus-Gemeinde überzeugen.
Mit teils heiteren, teils aber auch traurigen Geschichten aus seinem Leben bereitete Dr. Bernhard Hünerhoff seinem Publikum einen kurzweiligen Nachmittag.
Fast 50 Jahre lang betrieb er in der Brackweder Hauptstraße erfolgreich seine Praxis. Doch der Weg dahin war kein leichter. Denn während des Zweiten Weltkriegs musste Bernhard Hünerhoff sein Studium mehrmals unterbrechen, um in der Armee zu dienen. Während dieser Zeit hatte der angehende Arzt einige einschneidende Erlebnisse, »Ur-Erlebnisse« wie er selbst sie nennt. So war er als Marinesoldat mit seinem Schiff in der Nähe des Flüchtlingsschiffs »Wilhelm Gustloff« als dieses am 30. Januar 1945 in der Ostsse sank. Helfen durften er und seine Kameraden allerdings nicht, »denn es bestand die große Gefahr selbst in die Schusslinie russischer U-Boote zu gelangen«. Etwa 9000 Menschen ertranken damals.
Auch an die 20er Jahre und seine Kindheit in ländlicher Umgebung erinnert sich Hünerhoff noch. »Wenn ein Brot eine Million Mark kostet, vergisst man das nicht so leicht«, erzählt er.
Besonders stolz ist Dr. Hünerhoff, der noch immer in seinem Geburtshaus lebt, auf den Bielefelder Notdienst, an dessen Gründung er maßgeblich beteiligt war. Unter den zahlreichen berufspolitischen Engagements, die der Arzt neben der Tätigkeit in seiner Praxis ausübte, litt aber nie das gute Verhältnis zu seinen Angestellten. »Ich musste nie jemanden entlassen, darüber freue ich mich noch heute,« sagt er rückblickend.
Seit einigen Wochen befindet sich Dr. Bernhard Hünerhoff im endgültigen Ruhestand. »Doch auf der faulen Haut liege ich deswegen keineswegs«, wusste er zu berichten. »Ich widme mich jetzt der Schafzucht und dem Obstanbau. Und in Zukunft will ich mich mit geschichtlichen Themen in Familie und Heimatstadt beschäftigen.« Langweilig wird ihm also auf keinen Fall werden.
Dass auch seinen Zuhörern keineswegs langweilig war, bewies der herzliche Applaus am Ende. Aber auch schon während Hünerhoffs Vortrag merkte man, dass sich die Anwesenden in seine Geschichten hineinversetzen und viele seiner Erlebnisse nachvollziehen konnten.

Artikel vom 22.02.2006