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Panik nur auf dem Hühnerhof

»Jugend forscht« ließ keine Wünsche offen - Vier Bielefelder Teams vorn

Von Matthias Meyer zur Heyde und Jörn Hannemann (Foto)
Bielefeld/Herford (WB). Zwölf Stunden Wissenschaftsmarathon, 1000 Fragen von der Jury, 100 000-Volt-Spannung bei der Urteilsverkündung - wie soll ein Schüler so was durchhalten? Na logo: Oliver, Felix und Elena lutschten Gute-Laune-Drops. Es kam dann aber noch viel besser für die drei Helmholtzgymnasiasten.

»Wir haben sehr starke Konkurrenten - mehr als ein dritter Platz dürfte kaum drin sein«, stapelte Elena Roggenhofer tief. Doch beim 21. Regionalwettbewerb von »Jugend forscht« und »Schüler experimentieren« setzte die Jury die Zwölfjährige, die mit Oliver Hebestreit und Felix Kolesch Hühnerküken während ihrer ersten drei Lebenswochen beobachtet hatten - »Panik auf dem Hühnerhof« -, auf Platz 1 bei den Biologen. Dieses Urteil hellte die Stimmung besser auf als jedes Bömsken.
Und wo blieben nun die als unüberwindlich angesehenen Rivalen, die Fledermäuse belauscht und Vorschläge zum Schutz der nützlichen Tiere gemacht hatten? Man ahnt es: auch auf Platz 1.
In der Herforder Sparkasse haben die jungen, neugierigen, wissensdurstigen und lernbereiten Geistesgrößen seit 21 Jahren einen unermüdlichen Förderer gefunden. Der Vorstandsvorsitzende Klaus R. Vorndamme, Filialleiter Bernd Sielemann und die Patenbeauftragte Christine Meyer hatten alle Hebel in Bewegung setzt, um den Regionalwettbewerb zu einem Ereignis werden zu lassen, bei dem sich 157 Schüler von acht bis 19 Jahren - völlig zu Recht - als Wissenschaftselite der kommenden Generation fühlen durften.
»Wir fühlen uns hier richtig wohl - es gab leckeres Essen, und die Jury hat sich viel Zeit für uns genommen«, priesen Melina Greulich, Laura Schünemann und Lena Stüwe von der Marienschule, die der Verbreitung des Samens der Pusteblume nachgegangen waren, ihren spendablen Gastgeber. »Es macht Spaß, mit den ÝKollegenÜ über deren Projekte zu diskutieren«, meinte »Weidenforscher« Ole Dohrmann vom Helmholtz-Gymnasium. Der angehende Botaniker fand den Wettbewerb so toll, dass er im Terzett mit Jannick Buth und Tobias Finke bereits das Vorhaben für 2007 plant: »Einen Freilandversuch mit Bucheckern.«
Freud und Leid lagen manchmal dicht nebeneinander. Der Ratsgymnasiast Philipp Lerch fand heraus, dass Computer zwar keine echten Gefühle haben, diese aber durchaus simulieren können - geschickte Programmierung vorausgesetzt. »Aber die Jury wollte mir einfach nicht glauben, dass ich das Programm selbst geschrieben habe«, berichtete der enttäuschte Elfjährige.
Teresa Schmidt (Bodelschwingh-Schule) wiederum hatte ursprünglich ein richtiges Parfüm herstellen wollen. »Es wurde dann ÝnurÜ ein ätherisches Öl, also ein Parfüm-Ingredienz«, erzählte die 13-Jährige, die sich sogar in der Universität bei einem leibhaftigen Professor Rat geholt hatte. Lohn der Bescheidenheit: Platz 1 unter den Chemikern.
Teresa trat - wie viele andere Jungforscher auch - als Solistin auf. »Anfangs war ich mit lauter Jungs in einer Gruppe, aber die wollten was über Eisen machen. Öde!« Also: duftender Lavendel statt kaltem Metall. »Und die Jungs haben mittendrin aufgegeben«, sagt Teresa lächelnd.
Überall hingen hochwissenschaftliche Diagramme, bliesen Ventilatoren, köchelte Verdächtiges in Erlenmeyerkolben - Eltern, Lehrer, Freunde drängten sich in der zum Superlabor umfunktionierten Schalterhalle der Sparkasse. »Schade, dass eines der Jury-Mitglieder, ein Ingenieur, die Relevanz meiner Versuche zur Verbesserung von Latentwärmespeichern gar nicht ermessen konnte«, bedauerte der Herforder Gymnasiast Maximilian Donath (19). Irgendjemand aus der Jury muss den ignoranten Ingenieur dann doch aufgeklärt haben: Platz 1 für den mosernden Jungchemiker.
Jeder Deutsche verbraucht im Jahr einen fünf Meter hohen Stapel Papier. »Rechnet man das auf die gesamte Republik hoch, könnte man auf dem Stapel bis zum Mond und noch ein Stückchen weiter klettern«, sagte der für Recycling-Papier werbende Steinhagener Fabian Dietz (13). Hätten Sie's gewusst? Sicher nicht, genauso wenig wie die Schüler wussten, was sie mit dem Preisgeld anfangen sollten. »Vielleicht shoppen gehen?« - »Nee, sparen.« - »Ach was - in neue Forschung investieren!«
Na dann: Auf Wiedersehen 2007.
l Aus der Hand von Dr. Gudrun Meya erhielten die Erstplazierten einen Gutschein über 75 Euro und eine Urkunde. Überdies vertreten sie die Region beim Landeswettbewerb (»Jugend forscht« - ohne Bielefelder Schüler -Ê in Leverkusen, »Schüler experimentieren« am 5./6. Mai in Bochum). Die Zweitplazierten freuten sich über jeweils 60 Euro, und der dritte Rang wurde mit 45 Euro honoriert. Als Sonderpreise wurden High-Tech-Taschenlampen verteilt.

Artikel vom 20.02.2006