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Die Blasenwerfer
Rund
um die
Ringe
Von Oliver Kreth

»Si tacuisses philosophus mansisses.« Boethius hat diesen gereimten Sinnspruch in seiner »Philosophiae Consolatio« (Trost der Philosophie) zwar nicht auf die schreibenden und sprechenden olympischen Blasenwerfer gemünzt, aber er passt. Besser mal das Maul gehalten, und weniger die Computer-Tastatur gequält - das wär gut gewesen.
Der deutsche Wintersport in der Krise, die Harmonie zwischen den einstigen Eisschnelllauf-Zicken medaillen-kontraproduktiv, die Langläufer versagen, die Biathleten auch, und die Norweger stürzen im Medaillenspiegel ab. Die Tinte war noch nicht ganz trocken, da waren diese Aussagen schon Makulatur.
Die nationalen Athleten stehen auf Rang eins des Medaillenspiegels, Gold gab's für Pechstein, Friesinger und Co. in der Teamverfolgung wegen der großen Harmonie, die Behle-Buben und -Mädchen brillieren in der Loipe, Kati Wilhelm läuft und schießt sich zu Gold und sorgt für eine fast 50-prozentige TV-Einschaltquote, und die Norweger hatten gestern immerhin 16 Medaillen gewonnen - nur die »Versager« aus Deutschland hatten zu diesem Zeitpunkt mehr. Zugegeben: Gold war bei den Skandinaviern nicht so häufig dabei wie in Salt Lake City.
Verständlich deshalb auch der Ärger der nordischen Kombinierer. Silber gewonnen und in manchen Publikationen als Deppen der Nation dargestellt - dass da dem Goldjungen Georg Hettich und dem Sportler des Jahres 2005, Ronny Ackermann, der Kragen platzt, ist doch klar.
Nun kann ein Reporter nicht in jeder Sportart selbst Weltklasse gewesen sein, aber es ist nicht verboten, ein bisschen nachzudenken. Ansonsten sollte man schweigen und gilt damit wenigstens weiter als Philosoph.

Artikel vom 20.02.2006