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Alles nur
technische
Probleme?

Sozialkürzung sofort


Ironisch-sarkastisch reagiert dieser Leser auf die Neuregelungen beim Arbeitslosengeld II:
Hühner und Menschen brauchen Auslauf. Während die Stallpflicht bei der Nutzgeflügelhaltung nur für die Dauer einer akuten Bedrohung durch den Vogelgrippevirus ausgesprochen wird, ist sie für junge Arbeitslosengeld-II-Empfänger jetzt bis zur Erreichung des 25. Lebensjahres staatlich verordnet worden. Getreu dem Motto »Trautes Heim, Glück allein« wird eine ganze Generation von glücklichen Heiminsassen ins Leben gerufen.
Das demagogische Gerede von »Sozialschmarotzern« und »Parasiten« noch im Ohr, soll von sofort an dem Virus der Gründung eigener »Bedarfsgemeinschaften« der Garaus gemacht werden. Der Schritt junger Menschen zur eigenen Lebensgestaltung könne und dürfe nicht vom Staat unterstützt werden. Denn Selbständigkeit wird von den neoliberalen Doktrinären verstanden als schnelle Verwertbarkeit auf dem Markt, nicht als das abstruse Unterfangen, etwa eine eigene Familie gründen zu wollen. 
Die gesetzliche Neuregelung, die von Sozialabbauminister Franz Müntefering in Windeseile durch den Bundestag gebracht wurde, tritt - verbunden mit weiteren Leistungskürzungen - mit sofortiger Wirkung in Kraft. Die gleichzeitig beschlossene Angleichung der Ost-Bezüge beim Arbeitslosengeld II auf monatlich 345 Euro wird jedoch erst im Juli 2006 wirksam. Begründung: Softwareprobleme der Bundesagentur für Arbeit verhinderten eine schnellere Erhöhung. Bei der Senkung der Bezüge für unter 25-jährige ALG-Empfänger auf maximal 80 Prozent des bisherigen Regelsatzes hat die Software hingegen keinerlei Probleme.
Eine beliebte Strategie: Schieben wir's auf die Technik.
CARSTEN SCHMITT33098 Paderborn

Artikel vom 04.05.2006