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Schlammlawine bringt den Tod

Hunderte von Menschen sterben nach Erdrutsch auf den Philippinen

Manila (dpa). Ein verheerender Erdrutsch hat am Freitag auf den Philippinen mehr als 500 Häuser unter sich begraben und vermutlich hunderte Menschen in den Tod gerissen.

Auch eine Grundschule mit knapp 300 Schülern wurde verschüttet, als sich ein Teil eines Berges löste und das Dorf Guinsaugon in eine Schlammwüste verwandelte. Die Vermisstenzahl schwankte zunächst zwischen einigen hundert und mehr als 1500. Wahrscheinlich seien 90 Prozent von ihnen nicht mehr am Leben, sagte ein Rotkreuz-Sprecher. Mehr als 100 Menschen wurden lebend gerettet. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden die Sucharbeiten unterbrochen.
Zum Unglücksort entsandte Soldaten begannen zunächst mit bloßen Händen und Schaufeln in den Erdmassen nach Verschütteten zu graben. Den Einsatzkräften bot sich ein Bild völliger Verwüstung: Reste verbogener Blechdächer und umgeknickte Kokospalmen ragten aus dem rötlichen Morast, der sich über zehn Hektar erstreckte.
»Hier gibt es nichts als wässrigen Schlamm«, sagte Armeesprecher Oberst Raul Parnacio, der als einer der ersten Helfer in Guinsaugon in der östlichen Provinz Süd-Leyte eingetroffen war. Es sei schwierig, überhaupt Häuser oder das verschüttete Schulgebäude ausfindig zu machen.
Zum Zeitpunkt des Unglücks seien 276 Schüler und sieben Lehrer in der Grundschule gewesen, sagte die Gouverneurin von Süd-Leyte, Rosette Lerias. Auch ein Gesundheitszentrum sei begraben worden. In Guinsaugon lebten schätzungsweise etwa 3000 Menschen.
Vor dem Erdrutsch hatten schwere Monsun-Regenfälle zwei Wochen lang die Region heimgesucht. Zudem erschütterte am Morgen ein Erdbeben der Stärke 2,6 die Gegend, was nach Einschätzung der Behörden die Schlammlawine vermutlich mit auslöste. »Vor dem Erdrutsch hat der Boden gezittert«, berichtete Maria Lim, Bürgermeisterin der Stadt Saint Bernard, zu der Guinsaugon gehört. »Sekunden später ist der Schlamm vom Berg heruntergekommen.«
Gouverneurin Lerias bat verzweifelt um zusätzliche Hilfe. »Wir brauchen Seile, Leichensäcke, Tragen für die Überlebenden und Mediziner«, sagte sie. Es sei sehr schwer, in das Unglücksgebiet zu gelangen und dort zu suchen. »Wer auf den Schlamm tritt, versinkt darin«, berichtete Lerias. »Der Morast ist mehrere Meter tief, was unsere Arbeit sehr erschwert. Unser Einsatzgerät bleibt im Schlamm stecken oder versinkt sogar darin.« Vorsorglich seien 1500 Menschen aus Nachbarorten in sichere Quartiere gebracht worden.
Die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo ordnete an, jedes nötige und verfügbare Gerät schnell zum Unglücksort zu schaffen, um die Sucharbeiten zu unterstützten. »Alle Möglichkeiten der Regierung werden ausgeschöpft«, versicherte sie.
Bundespräsident Horst Köhler drückte sein Beileid aus. »Angesichts dieser Katastrophe möchte ich Ihnen und der Bevölkerung der Philippinen meine tief empfundene Anteilnahme übermitteln. Unsere Gedanken sind bei allen, die um das Leben ihrer Lieben bangen«, heißt es in dem Schreiben.
Im Dezember 2003 waren bei einem Erdrutsch in derselben Provinz 300 Menschen getötet worden. Für das Unglück wurde der massive illegale Holzeinschlag in der Gegend verantwortlich gemacht. Erst am vorigen Sonntag starben in einem Dorf in der Nähe des Unglücksorts ebenfalls durch eine Schlammlawine mindestens acht Menschen.

Artikel vom 18.02.2006