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Iraker angewidert von Folterbildern

Beziehung zwischen dem Westen und der arabischen Welt zusätzlich belastet

Kairo/Bagdad (dpa). In ihrer Reaktion auf die neuesten Folter-Fotos aus Abu Ghoreib zeigen die Araber seltene Einigkeit. Sie sind angewidert und glauben, dass diese Bilder die Beziehung zwischen dem Westen und der arabischen Welt, die derzeit durch den Streit um die dänischen Mohammed-Karikaturen ohnehin gestört ist, zusätzlich belasten werden.

Irakische Beobachter meinen zudem, dass die Fotos den Aufständischen und auch den Terrorgruppen neue Kämpfer und Selbstmordattentäter in die Arme treiben werden. »Die Zahl der Freiwilligen, die sich diesen Gruppen anschließen, wird dadurch noch weiter zunehmen«, erklärt der Chefredakteur der irakischen Zeitung »Al-Sabah Al-Dschadid«, Ismael Sajer, der in seinem Blatt zwar über die Fotos berichtet, sie aber nicht abdruckt. »Mir als Iraker tut es weh, so etwas zu sehen«, sagt er und fügte nach einer kurzen Pause hinzu, »wir brauchen wirklich einen Zeitplan für den Abzug der amerikanischen Truppen«.
Auch die Grundschullehrerin Mona Saber aus Bagdad hätte die neuen Bilder von nackten Irakern, die sexuell gedemütigt oder gefoltert werden, und die auch von zahlreichen arabischen Zeitungen außerhalb des Iraks abgedruckt wurden, lieber nicht in der Presse gesehen. Sie sagt: »Indem man diese alte Geschichte immer wieder aufs Neue bringt, verletzt man die Gefühle aller Iraker, nicht nur die der Häftlinge.« Tatsächlich empfinden viele Iraker die Veröffentlichung der Demütigung der Häftlinge auch als persönliche Demütigung.
»Es ist wegen der Wut über die Karikaturen auch ein schlechter Zeitpunkt (für die Veröffentlichung der neuen Fotos)«, findet Naila Hamdi, Professorin für Massenkommunikation an der American University in Kairo. Sie hält die Entscheidung der drei regierungsnahen ägyptischen Tageszeitungen, die Bilder nicht auf der Titelseite zu drucken, deswegen für verantwortungsvoll und richtig.
Die überregionale arabische Zeitung »Al-Quds Al-Arabi« zeigt auf ihrer Internetseite dagegen ein Foto aus Abu Ghoreib, auf dem ein Iraker mit nacktem Unterleib von einem US-Soldaten zu Boden gedrückt wird und stellt einen Kommentar voll bitterer Kritik an der US-Regierung daneben. Der Kommentator wirft der US-Regierung vor, die Soldaten, die nach Bekanntwerden der Misshandlung in dem Gefängnis 2004 vor Gericht gestellt und verurteilt worden waren, seien nur »Sündenböcke, die geopfert wurden, um die Verantwortlichen zu schützen.« Die Zeitung erklärt, nicht nur der irakische Ex-Diktator Saddam Hussein müsse wegen der Folter in seinen Gefängnissen vor Gericht gestellt werden, sondern auch US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und seine Berater.

Artikel vom 17.02.2006