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Claude Chabrol macht die Macht lächerlich

Publikum mag Winterbottom: »Road to Guantanamo« heißer Anwärter auf Goldenen Bären

Berlin (dpa). Frankreichs Regie-Altmeister Claude Chabrol hat gestern im Berlinale-Wettbewerb den Politkrimi »L'ivresse du Pouvoir« (»Geheime Staatsaffären«) präsentiert.
Isabelle Huppert klärt einen Korruptionsskandal auf. Foto: Reuters

Isabelle Huppert spielt die Hauptrolle, eine Untersuchungsrichterin, die vergeblich versucht, die Verantwortlichen einer Affäre um die Veruntreuung öffentlicher Gelder vor Gericht zu bringen. Der Regisseur und sein Star wurden zur Vorstellung des Films in Berlin mit viel Beifall begrüßt.
»Mir gefällt besonders, dass ich mit diesem Film die Macht lächerlich machen kann. Das liegt mir doch sehr am Herzen«, sagte Chabrol. »Wichtig ist mir, zu zeigen, wie die Hauptfigur mit der zentralen Frage konfrontiert wird: ÝWie sich verhalten, wenn ich plötzlich über große Macht verfüge?Ü Eine bedeutende Frage, denke ich. Der Film heißt im Original ja nicht zufällig ÝMachttrunkenheitÜ.«
Das Rennen um den Goldenen Bären geht in die Endrunde. Vor der morgigen Preisverleihung gilt der aufrüttelnde Film »The Road to Guantanamo« von Michael Winterbottom als Favorit des Berlinale-Publikums. In dieser filmischen Anklage gegen die USA geht es um drei britische Muslime. Die jungen Männer werden als angebliche Taliban-Kämpfer zwei Jahre lang zu Unrecht im berüchtigten US-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba festgehalten und gefoltert. Der an Originalschauplätzen in Pakistan und Afghanistan gedrehte Film beruht auf einer wahren Geschichte und vermischt Dokumentar- und Spielsequenzen.
Der 44-jährige Brite Winterbottom hat bereits 2003 mit seinem Film »In this World« den Goldenen Bären der Internationalen Filmfestspiele Berlin gewonnen. Damals beschrieb er die Flucht zweier afghanischer Jugendlicher vom Flüchtlingslager in Pakistan bis nach London. Nach dem großen Zuspruch für »The Road to Guantanamo« wird sich die internationale Jury unter Vorsitz der britischen Schauspielerin Charlotte Rampling möglicherweise aber nicht scheuen, Winterbottom erneut auszuzeichnen.

Artikel vom 17.02.2006