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Kunsttempel
der Superlative

500 Jahre Vatikanische Museen

Von Carola Frentzen
Rom (dpa). Ein Meer von Schirmen zieht sich über hunderte Meter an der Vatikanmauer entlang. In der schier endlosen Schlange warten koreanische Pauschaltouristen, französische Nonnen, deutsche Familien, Gruppen von Schulkindern.

Sie alle wollen ins Museum der Superlative, die meisten sind extra für Michelangelo und die Sixtinische Kapelle angereist.
Als »Tempel der Kunst und Kultur« hat Papst Johannes Paul II. die Vatikanischen Museen einmal bezeichnet. Sie gelten als eine der größten und bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. In diesem Jahr feiern die »Musei Vaticani« ihren 500. Geburtstag - zum runden Jubiläum strahlen neu gestaltete Sektionen und restaurierte Exponate für das Millionenpublikum um die Wette.
Trotz strenger Sicherheitskontrollen mit Durchleuchtungsgeräten strömen jede Minute zwischen 35 und 39 Menschen in die Museen. Im vergangenen Jahr kamen 3,8 Millionen Besucher, in diesem Jahr werden es Schätzungen zufolge mehr als vier Millionen sein, teilte der Vatikan kürzlich mit. Wegen der schnellen »Abfertigung« am Eingang muss niemand länger warten als 45 Minuten.
Mit einer Messe für sämtliche Mitarbeiter sollen die Feierlichkeiten zum 500. Geburtstag heute beginnen. Als eigentlicher »Entstehungstag« der Museen gilt der Fund einer Marmor-Kopie der Laokoon-Gruppe in einem römischen Weinberg am 14. Januar 1506. Dabei handelt es sich um eine wertvolle Replik einer 200 v. Chr. entstandenen griechischen Bronzeplastik, die nicht mehr erhalten ist. Die Skulptur, die die Geschichte des trojanischen Priesters Laokoon erzählt, wurde genau einen Monat später - am 14. Februar 1506 - im Hof des päpstlichen Palastes aufgestellt.
Im März wird das renovierte »Museo Cristiano« mit christlicher Kunst aus den Katakomben und den frühen Kirchen wiedereröffnet, während im Ethnologischen Museum im Juni die Sektion für China, Japan, Korea und die Mongolei den Besuchern den Buddhismus näher bringt. Die zahlreichen verschiedenen Museen in dem Komplex sind so unterschiedlich, vielschichtig und weitläufig, dass Kunstfreunde Wochen brauchen würden, um alle Ausstellungsstücke zu erkunden.
Fast alle Besucher, die den Museen jährlich 40 Millionen Euro Umsatz bescheren, kommen seinetwegen: Michelangelo Buonarroti (1475-1564). Vier Jahre lang schuf er unter unsäglichen Mühen und auf dem Rücken liegend in der Sixtinischen Kapelle sein größtes Meisterwerk. Nach einer fast 15-jährigen Renovierung erstrahlt sie seit 1994 in neuer Farbenpracht.

Artikel vom 17.02.2006