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Nach den Gesetzen des Gastlandes richten


Zu der Berichterstattung über das Kopftuchverbot für eine Schöffin schreibt ein Leser:
Aus dem Artikel Ihrer Zeitung entnahm ich, dass die Entscheidung einer Richterin, eine muslimische Frau als Schöffin abzulehnen (weil diese nicht bereit war, ihr Kopftuch abzulegen), Proteste hervorgerufen hat.
Die Christlich-Islamische Arbeitsgemeinschaft Bielefeld nennt die richterliche Entscheidung »ein Signal gegen die Integration« und protestiert dagegen.
Was ist »Integration«? Sollten sich die Deutschen den Gesetzen und Gebräuchen der Eingewanderten anpassen oder umgekehrt? Ich, selber italienischer Eingebürgerter, halte es für selbstverständlich, dass ich mich nach den Gesetzen des Gastlandes richten muss.
Zu dem Fall Kopftuchstreit erläutert ein Richter am Amtsgericht Bielefeld treffend, was für Vorschriften im Gerichtssaal gelten: »Alle Berufsrichter sind verpflichtet, im Strafverfahren schwarze Roben und weiße Krawatten zu tragen, um nach außen absolute Unparteilichkeit zu demonstrieren.« (WB 7. Februar 2006). Die Schöffen, als Teilhaber der richterlichen Gewalt, sind meiner Meinung nach ebenso verpflichtet auch nach außen Neutralität zu zeigen, also dürfen sie kein Kopftuch beziehungsweise kein christlich-religiöses Zeichen tragen.
Zu dem Protest des Dechanten Klaus Fussy sage ich, dass dieser unbegründet ist. Denn der muslimischen Frau wurde nur in der Funktion als Schöffin das Tragen des Kopftuches untersagt, eben weil sie als »Co-Richterin« auch äußerlich Neutralität zeigen sollte.
Zu dem Zitat aus dem Vatikanischen Konzil möchte ich sagen: Für uns Katholiken ist ohne Zweifel Respekt gegenüber den Muslimen Grundlage unseres Denkens und Handelns. Ich bin aber überzeugt, dass das Tragen des Kopftuches nicht zu den wichtigen Lehren des islamischen Glaubens gehört. Also, ich, Glied der katholischen Kirche, fühle mich in diesem Fall nicht von Dechant Fussy vertreten. Ich und andere Katholiken aus meinem Bekanntenkreis distanzieren uns von dessen Protest.
DR. MARIO PIEROBONBielefeld

Artikel vom 17.02.2006