18.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Einfach mal nachfragen


In der Frage der Stadtbezirke haben bisher nur die kleinen Ratsfraktionen, die Grünen und die Bürgergemeinschaft, sowie Oberbürgermeister Eberhard David (CDU) klar Stellung bezogen. Sie sind für eine Reduzierung der Zahl der Bezirksämter und wollen neue Formen der Verwaltungspräsenz vor Ort.
Die »Großen« üben sich noch immer in ebenso großer Rhetorik. SPD-Ratsfraktionschef Peter Clausen erklärt vollmundig, wer starke Bezirksvertretungen wünsche, dürfe die Bezirksämter nicht schleifen. Die Schließung der Ämter in Dornberg und Gadderbaum jedoch trägt er mit. Auch in der CDU gibt es keine Einigkeit, wie das Beispiel Brackwede nachdrücklich zeigt, wo der Bezirksvorsteher eine gänzlich andere Position vertritt als der dortige CDU-Stadtverband.
Die frühere SPD-Oberbürgermeisterin Angelika Dopheide erlebte einen mittleren Aufstand, als die Standesämter zentralisiert werden sollten. Ihr Nachfolger David musste das gleiche jetzt schon mehrfach erfahren, wenn er eigene Vorschläge zur Neuausrichtung unterbreitete.
Dabei spiegeln die Diskussionsverläufe längst nicht mehr den Sachstand wider. Ein Beispiel: 60 Prozent der Kursteilnehmer der Volkshochschule melden sich inzwischen online oder per Telefon an. Da darf man in der Tat darüber nachdenken, ob der VHS-Sachbearbeiter im Bezirksamt sinnvoll ist.
Mehrere Jahre währt inzwischen die Debatte, wie viele Stadtbezirke Bielefeld tatsächlich benötigt und wie groß das Angebot der Verwaltung »in der Fläche« sein sollte. Ebenso lange ist diese Debatte aber im wesentlichen von Funktionsträgern geführt worden, allen voran von den Bezirksvertretern und den Ratsmitgliedern.
Ein realistisches Meinungsbild derjenigen, die tatsächlich betroffen sind, der Bürger eben, existiert nicht. Darum ein Vorschlag zur Güte: Warum fragt man sie nicht einfach?
Jährlich gibt die Stadt Bielefeld einen deutlich sechsstelligen Betrag für Gutachten aller Art aus. Warum sollte da nicht auch ein Sümmchen für eine repräsentative Umfrage unter den Bielefeldern drin sein, wie viel »Amt« und »Politik« sie in ihren Stadtteil benötigen oder wünschen? Die Meinungsforschung ist bestimmt in der Lage, ein Ergebnis, aufgeschlüsselt nach Altersgruppe, Wohnort oder nach was auch immer, vorzulegen. Und viele wüssten in der langwierigen Debatte vielleicht zum ersten Mal, worum es tatsächlich geht.

Artikel vom 18.02.2006