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Bundesrat
soll Vereine
schützen

Haftungsrisiken sind zu hoch

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Ehrenamtliche Vereinsarbeit soll sicherer und einfacher werden. Der Bundesrat diskutiert in der nächsten Woche eine Gesetzesinitiative des Landes Baden-Württemberg mit dem Ziel, das Haftungsrisiko für Vorstandsmitglieder zu verringern.

Die zwei Millionen ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder in den mehr als 500 000 Vereinen kommen Fehler bei der Geschäftsführung teuer zu stehen. Sie wissen oft nicht, dass sie bei Fahrlässigkeit mit ihrem Privatvermögen für Schäden haften. Leichte Fehler aus Unwissenheit dürften nicht sofort Schadenersatzforderungen nach sich ziehen, sagte der Sprecher des Justizministeriums in Stuttgart, Stefan Wirz, dieser Zeitung. Wer etwas freiwillig für die Gesellschaft tun wolle, dürfe nicht abgeschreckt werden.
Vorstandsmitglieder haften mit ihrem eigenen Geld gegenüber Finanzämtern, Sozialversicherungsträgern und dem Verein dann, wenn sie die Lohnsteuererklärung verspätet oder fehlerhaft einreichen, sie vergessen, Musikveranstaltungen bei der Verwertungsgesellschaft für Aufführungsrechte GEMA anzumelden, keine Abgaben an die Künstlersozialkasse entrichten, Zuschüsse zu spät beantragen oder unzulässig Spendenquittungen an Handwerker ausstellen, die als Mitglied das Vereinshaus renovieren.
Baden-Württemberg will außerdem die Gründung von Vereinen erleichtern. Die Eintragung ins Vereinsregister soll künftig nur noch im Amtsgericht erfolgen. Ihre Initiative zur Modernisierung des Vereinsrechts bringen die Schwaben am 22. Februar im Rechtsausschuss des Bundesrates ein.
Jeder siebte Deutsche gehört einem Verein an. »Wir unterstützen die Initiative sehr, denn die Bürokratie erdrückt die Vorstände«, sagte der Geschäftsführer des Volksmusikerbundes NRW, Helmut Bremer (62) aus Willebadessen (Kreis Höxter) gestern dieser Zeitung. Immer häufiger fehlten den 1000 Vereinen Kandidaten für Vorstandsposten. In acht von zehn Vereinen wisse der Vorstand außerdem nicht genau, auf welche Haftungsrisiken er sich eingelassen hat, berichtete Bremer.
Der bürokratische Wust müsse beseitigt werden, damit Funktionäre wieder Spaß an ihrer Arbeit finden. Sonst drohe einer Reihe von Vereinen das Aus. Während der Verwaltungsaufwand wachse, gingen die Zuschüsse des Landes zurück, beklagte Bremer. 2005 hätten die Laienorchester, beispielsweise für Probenwochenenden, nur noch 275 000 Euro bekommen statt einer Million wie in den Vorjahren.
Viele Vorstände von Sport-, Gesangs- oder Tierschutzvereinen glaubten, dass sie durch Verbände und Haftpflichtversicherungen geschützt seien, sagte Hans Hachinger von der Arbeitsgemeinschaft eingetragener Vereine (AGEV). In Wahrheit seien damit aber nur der Vereinsbetrieb und Unfälle abgedeckt. Das Land Nordrhein-Westfalen wird am 22. Februar im Bundesrat den Antrag stellen, das Thema zu vertagen. Es bestehe noch Erörterungsbedarf, erklärte der Sprecher des Justizministeriums, Ulrich Hermanski.

Artikel vom 17.02.2006