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Über Paderborn auf
das Olympia-Podest

Bobpilot René Spies holt sich Feinschliff bei Jens Schulze

Von Elmar Neumann
Paderborn (WB). Den sensationellen Sieg von Kombinierer Georg Hettich verfolgte auch René Spies noch vor dem Fernseher: »Da lief es mir kalt den Rücken runter.« Am 24. und 25. Februar geht der 32-Jährige in Turin aber höchst selbst auf Edelmetall-Jagd. Dann will er seinen Viererbob in die olympischen Medaillenränge pilotieren.
Beim Paderborner Leichtathletik-Trainer Jens Schulze (l.) besorgte sich Bobpilot René Spies den Olympia-Feinschliff für Turin.
Den athletischen Feinschliff für das Unternehmen Olympia holte sich der Winterberger in den letzten Tagen vor dem Abflug nach Italien im Paderborner Ahorn-Sportpark. Seit drei Jahren greifen er und sein Team regelmäßig auf die Fähigkeiten von Jens Schulze (49) zurück. Der ehemalige Deutsche Zehnkampfmeister, der einst den Salzkottener Klaus Isekenmeier in die Mehrkampf-Weltklasse führte, schickt Spies nach den gemeinsamen Einheiten mit einem sehr guten Gefühl auf die Reise: »René hinterlässt einen glänzenden Eindruck. Er ist topfit und für die Spiele gerüstet.« Das sah schon einmal anders aus. Zwei Jahre lang hatte Spies mit Rückenproblemen und den Folgen eines leichten Bandscheibenvorfalls zu kämpfen, ehe er im März des vergangenen Jahres in eine reibungslose Vorbereitung »auf das Größte, was man als Sportler erleben darf« starten konnte.
Für den Soldaten der Sportförderkompanie Warendorf wird es der zweite Auftritt unter den fünf Ringen. Bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City landete der Modellathlet (1,85 m/95 kg) auf dem sechsten Rang. Damit würde sich Spies vier Jahre später nicht mehr zufrieden geben: »Wenn man sich mit einem deutschen Bob für eine Großveranstaltung qualifiziert, darf man sich immer berechtigte Hoffnungen auf einen Platz auf dem Podest machen - genau das ist mein Ziel.«
Auch wenn Spies den Viererbob lenkt, hat er das sportliche Schicksal doch nicht allein in Händen. Die Faustregel ist folgende: Jeweils zu einem Drittel ist die Vorstellung im Eiskanal auf die Fähigkeiten des Piloten, das Material und das athletische Potenzial der vier Insassen zurückzuführen. Deswegen vertraut der Jens- Schulze-Schützling nicht nur auf sich und sein 70 000 Euro teures Bob-Unikat, sondern auch auf seine drei brachialen Bremser. Christoph Heyder (Erfurt), Enrico Kühn (Weimar) und Alexander Metzger (Berlin) vervollständigen einen Spies-Vierer, der sich in Cesana vor allem der Konkurrenz aus dem eigenen Lager erwehren muss: Titelverteidiger ist das Quartett um André Lange (Oberhof), der sich zugleich amtierender Weltmeister nennen darf. »Aber wir werden nicht nur auf André schauen. Die internationale Konkurrenz ist sehr stark. Die haben wir in dieser Saison zwar alle schon geschlagen, sind aber auch von allen schon geschlagen worden. Das wird mal wieder richtig spannend«, reist René Spies mit reichlich Respekt an.
Bei den Weltcup-Rennen von Igls und Königssee (jeweils Dritter) gelang bereits, was auch nach den vier Läufen von Cesana gelungen sein soll. Mit diesen Topresultaten stellte der Bob aus Winterberg seine Konkurrenzfähigkeit zeitnah und eindrucksvoll unter Beweis. Edelmetall ist drin - dessen ist sich René Spies erst recht seit dem furiosen Goldlauf von Kombinierer Hettich bewusst: »Das war Olympia, wie es sein soll. Der hat sein Herz in beide Hände genommen und ist dafür belohnt worden. Jetzt bin ich noch heißer darauf, in Turin zu starten.«

Artikel vom 17.02.2006