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Verfassungsrang für das
Bankgeheimnis gefordert

In neun von zehn Fällen wird der Bürger nicht informiert

Düsseldorf (WB/DS). Ein verlässliches Bankgeheimnis mit Verfassungsrang haben gestern Hermann Burbaum, Vorstandssprecher der Volksbank Raesfeld, und Friedel Fleck, Vorstandsvorsitzender des Rhei-nisch-Westfälischen Genossenschaftsverbandes, gefordert.Mit dem Kontenabrufverfahren nimmt der Staat die Bürger noch stärker unter die Lupe. Montage: Schröder

Die Volksbank Raesfeld aus dem Münsterland und der Rheinisch-Westfälische Genossenschaftsverbands kritisieren das Verfahren der Kontenabfragen und fordern Rechtsschutz für den Bürger. »Offenkundig hält sich der Staat im Kontenabrufverfahren nicht an seine eigenen Regeln und verletzt damit Bürgerrechte - wir erwarten deshalb, dass das Bundesverfassungsgericht allen deutschen Bankkunden nun wie angekündigt von Amts wegen Rechtsschutz gewährt«, machten sie gestern in Düsseldorf deutlich.
Seit April 2005 können auch Finanzbehörden und Stellen, die Sozialhilfe, Ausbildungsförderung, Wohngeld und Erziehungsgeld gewähren, die Kontostammdaten betroffener Bürger abrufen. Dagegen hatte die Volksbank Raesfeld Verfassungsbeschwerde erhoben. Ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung war das Bundesverfassungsgericht im März 2005 nur deshalb nicht gefolgt, weil das Bundesfinanzministerium das Gesetz mit einem Anwendungserlass eingeschränkt hatte. Seitdem müssen Abfragegründe dokumentiert und die betreffenden Bürger informiert werden.
In neun von zehn Fällen geschieht dies aber nicht, wie die Datenschutzbeauftragte des Landes NRW bei einer Stichprobe in Finanzämtern festgestellt hat. Hermann Burbaum: »Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im März 2005 angekündigt, in diesem Fall von Amts wegen oder auf Antrag tätig zu werden. Wir sind der Meinung: Es ist so weit.«
Friedel Fleck machte deutlich, dass es in der Frage des Kontenabrufes um elementare Bürgerrechte sowie die Glaubwürdigkeit des deutschen Bankensystems insgesamt gehe: »Diskussionen um Abfragezahlen lenken nur vom eigentlichen Problem ab.«
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück will an dem Kontenabrufverfahren festhalten Im Bundestag sprach er gestern von einer Kampagne gegen dies Verfahren. Er veranschlage die Steuergerechtigkeit höher als administrative Schwierigkeiten und unbegründete datenschutzrechtliche Einwände.
Der FDP-Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele kritisierte dagegen, das Bankgeheimnis sei bereits ausgehebelt. Die Bürger hätten Anlass zur Sorge, dass der Staat in »ihren Konten rumschnüffelt.«
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Artikel vom 17.02.2006