17.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mit Herzklopfen Aufgabe
in Sumatra angenommen

Diakonisse Helga Swoboda im Brackweder Erzählcafé

Brackwede (ho). Sie konnte es nach eigenem Bekunden nicht erwarten, in die Schule zu kommen. »Weil ich gern lese.« Doch nach nur knapp einem Jahr war für Helga Swoboda diese Zeit vorbei. In den Kriegsjahren wurde die Familie von Bielefeld aus nach Oberbayern evakuiert. Ein neuer Lebensabschnitt begann - sie lernte dort Menschen aus Bayern und Sachsen kennen. »Ich merkte, dass es verschiedene Sprachen gibt.« Im Brackweder »Ezählcafé« berichtete die Diakonisse aus ihrem arbeitsreichen Leben.

Ihre spätere Berufswahl stand schon von Kinderbeinen an fest: »Ich wollte immer Schwester werden und in einem Waisenhaus arbeiten.« Zurückgekehrt in ihre Heimatstadt Bielefeld, hieß es erst einmal, die Schulbank drücken. Helga Swoboda absolvierte die Realschule, musste ihren beruflichen Traum zunächst zurückstecken. Sie fügte sich dem Wunsch der Eltern, »was Bodenständiges zu lernen« und machte eine kaufmännische Lehre. »Gelebt habe ich aber nur an den Abenden und den Wochenenden, wenn ich mich in der Gemeinde engagieren konnte.«
Irgendwann gaben die Eltern nach. Helga Swoboda leistete ein diakonisches Jahr im Betheler Haus Patmos ab. »Eine Einrichtung, in der damals ausschließlich schwerstbehinderte Kinder betreut wurden.« Die heute 69-Jährige fing in der damaligen Westfälischen Diakonissenanstalt Sarepta - heute Sarepta Schwesternschaft - an, besuchte die Hochschule für Diakonie, lernte Krankenpflege und Erziehungsarbeit, arbeitete in verschiedenen Einrichtungen und leistete ihr Anerkennungsjahr in Hamburg ab.
Total unerwartet kam dann eine Anfrage aus Sumatra. Dort wurde von der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) eine Diakonisse für diakonische Ausbildungen gesucht. »Ich war unheimlich unsicher, hatte Herzklopfen und wusste nicht, ob ich den Anforderungen gewachsen war,« erinnert sich Helga Swoboda. Schließlich saß sie 1972 - kurz vor Weihnachten - dennoch in einem Flugzeug und reiste in ein Gebiet, »in dem nur sieben Prozent der Bevölkerung Christen waren.«
Bereut hat sie ihren Entschluss nie. »Die jungen Frauen dort waren unheimlich wissensdurstig.« Aus dem einen Jahr wurden sieben und auf der Rückreise legte die Bielefelderin noch einen längeren Zwischenstopp in Nepal/Kathmandu ein. »Wunderbare Erfahrungen habe ich dort gemacht«, schwärmt die reisefreudige Diakonisse, die nach ihrer Rückkehr als Leitende Schwester und Hausleiterin 13 Jahre lang im »Haus der Stille« tätig war. Zudem absolvierte sie ein Theologie-Studium und war als Pastorin tätig.
»Da war ich häufig mit Beerdigungen befasst, hatte bei der Akteneinsicht viel mit der Lebensernte fremder Menschen zu tun.« Seit einigen Jahren lebt Helga Swoboda nun im Ruhrstand, will aber das i.R. »als in Rufweite« verstanden wissen.«

Artikel vom 17.02.2006