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Stimmungsbilder vergangener Zeiten

Das »Jontef«-Quartett spielte traditionelle Klezmermusik in Senne

Von Malte Samtenschnieder
(Text und Foto)
Senne (WB). Mit einem weinenden und einem lachenden Auge brachte die Gruppe „Jontef“ im Forum des Schulzentrums Senne einen unterhaltsamen Mix aus traditioneller Klezmermusik und neu vertonten Heine-Liedern zu Gehör. Für das Wechselspiel aus heiterer Ausgelassenheit und besinnlicher Melancholie spendete das Publikum reichlich Beifall.

140 Zuhörer waren der Einladung des Kulturkreises Senne zur ersten Senner Serenade 2006 gefolgt. »Damit können wir zufrieden sein«, sagte Vorsitzender Felix Snelting gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Der mutige Versuch, dem Senner Publikum etwas Neues, vielen Unbekanntes nahe zubringen, habe sich ausgezahlt.
Ursprünglich reichen die Wurzeln der Klezmermusik bis ins 19. Jahrhundert zurück. Von umherziehenden Spielleuten vornehmlich im osteuropäischen Raum populär gemacht, verkörperte sie Denkweise und Lebensart der jüdischen Bevölkerung - bis in Folge des Holocausts mitreißende Hochzeits- und Festmusiken sowie einzigartige Synagogengesänge und Schabbatlieder vierorts aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwanden.
An diesem Punkt setzen »Jontef« an. »Zum einen engagieren wir uns für die Klezmermusik, weil wir die unvergleichliche Tonsprache mögen. Zum anderen, weil wir ein wichtiges Stück jüdischer Kultur bewahren wollen«, erläuterte Michael Chaim Langer. Gemeinsam mit seinen Kollegen Joachim Günther (Klarinette, Akkordeon), Wolfram Ströle (Violine, Gitarre) und Peter Falk (Kontrabass) setzte der Sänger dieses Anliegen während des zweistündigen Programms eindrucksvoll in die Tat um. Voller Inbrunst brachte das »Jontef«-Quartett den Zuhörern fremdartig anmutende Klangwelten näher, die sich, wenn auch nur bedingt, mit zeitgenössischer Zigeunermusik vergleichen lassen.
Besonderes Markenzeichen der vorgetragenen Lieder war die charmante, dem Hochdeutschen verwandte jiddische Mundart. Von Michael Chaim Langer mit einer ordentlichen Portion Schalk im Nacken in vollen Zügen ausgekostet, gerieten dadurch anekdotenreiche Alltagsschilderungen und Gesänge von glücklicher Liebe und unerfüllter Leidenschaft zu liebenswerten, lebendigen Stimmungsbildern vergangener Zeiten.
Den anrührenden Folkloregesängen standen einige zum 150. Todestag Heinrich Heines neu vertonte Gedichte gegenüber. Häufig im interessanten Widerspruch zu den übrigen Gesängen, erweiterten die Lieder nach Texten des jüdischstämmigen Autors die Perspektive der Zuhörer.

Artikel vom 20.02.2006