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Prachtbau über Petrusgrab
Vor 500 Jahren begann der Neubau des Petersdoms in Rom - Pantheon auf die Konstantinsbasilika gesetzt
Vor 500 Jahren ließ Papst Iulius II. den Grundstein für den prächtigen Neubau des Petersdoms in Rom setzen. Das 136 Meter hohe Bauwerk mit dem vorgelagerten Petersplatz ist das Ziel nicht nur frommer und kunstbegeisterter Pilgerfahrer, sondern nahezu aller Touristen in der »Ewigen Stadt«.
San Pietro in Vaticano - Der Heilige Petrus im Vatikan. Kaum ein Bauwerk profaner oder religiöser Bestimmung redet so eindringlich von der langen, wechselvollen und teilweise tragischen Geschichte des Abendlandes wie dieser größte und eindrucksvollste Kirchenbau der Christenheit. Seine Bezeichnung mit Angabe des Titularheiligen und der Lokalität ist die jahrhundertealte sprachliche Dokumentation dafür, dass an dieser Stelle, in der Erde des Vatikanhügels, der Apostelfürst mit seiner sterblichen Hülle den langen Atem der christlichen Heilsbotschaft bezeugt.
Der Petersdom erhebt sich auf dem Osthang des achten römischen Hügels jenseits des Tiberflusses, wo einst die Priester der Etrusker das »vaticinium« abhielten, wo sie also aus den geheimnisvollen und doch untrüglichen Zeichen des kosmischen Geschehens den Willen der Gottheiten erforschten. Unter Nero fand auf dem Collis Vaticanus dann der erste Bischof dieser damals noch fremden Religionsgemeinschaft, Simon mit dem Beinamen Petrus (der Fels), um das Jahr 67 den Tod durch Kreuzigung - wie die Legende überliefert, mit dem Haupt nach unten. Er wurde zusammen mit vielen anderen Zeugen des neuen Glaubens in der benachbarten alten römischen Nekropole beigesetzt.
Auf Drängen des Papstes Silvester I. (314-335) wurden im Jahr 314 zunächst Kloster und Kirche Christus Salvator in Laterano als römische Bischofskirche von Kaiser Konstantin gestiftet und die dort neu erbaute Basilica als maßgeblicher Prototyp für die künftige Kirchenarchitektur festgelegt. Erst elf Jahre später wurde über dem Grab des Petrus auf dem Vatikanhügel von Kaiser Konstantin die Peterskirche gestiftet.
So breitete sich im Niedergang des Imperium Romanum, im Aufgang des neuen christlichen Glaubens um die konstantinische Peterskirche die Atmosphäre einer vielbesuchten Gräberstätte der ersten christlichen Märtyrer aus. Sie entwickelte sich im Lauf der Jahrhunderte zum Ziel christlicher Pilgerfahrten.
Jedoch durch die zunehmende Unsicherheit der Reisewege im Verlauf großer politischer Unruhen des Spätmittelalters und nicht zuletzt durch den von den Päpsten selbst propagierten Vorrang der Kreuzzüge in das Heilige Land nahmen die Pilgerströme zu den heiligen Stätten in Rom dramatisch ab. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts, als die Zahl der Einwohner Roms auf etwa 10 000 geschrumpft war und auf dem Forum Romanum, im Colosseum und in der ehemaligen Kaiserresidenz auf dem Palatin Gemüse und Wein angebaut wurden und Tiere weideten, war die konstantinische Peterskirche nach 1100 Jahren in einen desolaten Zustand geraten. Daher ließ Papst Nicolaus V. 1452 einen Neubau von Chor und Querhaus beginnen, und Papst Sixtus IV. (1471-1484) trug sich mit dem Plan, die alte Peterskirche von Grund auf renovieren zu lassen. Da trotz mancherlei anrüchiger Geldquellen die Mittel für eine Renovierung nicht ausreichten, wurden die Pläne ad acta gelegt. Die alte Peterskirche verfiel weiter.
Die Baugeschichte von St. Peter nahm allerdings in den nachfolgenden Jahrzehnten eine völlig unerwartete dramatische Wende, und zwar aufgrund von Ereignissen, die niemand vorher einkalkulieren konnte. Am 29. Mai 1453 fällt Konstantinopel in die Hand der Türken unter Sultan Mehmet Fatih II., und damit wird - nicht zuletzt durch den Einfluss der nach Westen flüchtenden griechischen Elite - Rom wiederum zur Metropole des Imperiums, das jetzt geeint wird durch den Römisch-Katholischen Glauben.
Papst Iulius II. (1503-1513) entschloss sich zu einer radikalen Maßnahme. Er ließ die alte Peterskirche komplett abreißen und erteilte am 18. April 1506, dem Samstag nach Ostern, den Befehl, einen neuen Petersdom zu errichten.
Mit der Bauleitung wurde Donato Bramante betraut. Er verkündete sehr bald seine architektonische Leitidee: Er wolle das Pantheon auf die Konstantinsbasilika türmen - ein Vorhaben, das von Michelangelo durch den Bau einer 43 Meter überspannenden Kuppel realisiert wurde.
Bis zur Weihe der neuen Kathedrale San Pietro in Vaticano durch Papst Urban VIII. am 18. November 1626 und zur endgültigen Vollendung 1669 sollten mehr als 160 bewegte Jahre vergehen.
In unserer Zeit ist der 136 Meter hohe Petersdom mit dem vorgelagerten Petersplatz, diese steingewordene Manifestation des weltumspannenden, katholischen Glaubens, das Ziel manch frommer und kunstbegeisterter Pilgerfahrt. Die großzügig gestaltete Platzanlage des barocken Baumeisters Bernini, von dem auch der 30 Meter hohe bronzene Baldachin über dem Papstaltar stammt, nimmt den Besucher gleichsam mit offenen Händen auf.
Der Besucher wird - mit dem Beistand der 140 Heiligen auf dem Dachgesims der Kolonnaden - vorbei an den Statuen der Apostel Petrus und Paulus aufwärts zu der palastähnlichen Vorhalle mit der Tempelfassade geleitet. Durch das Mittelportal betritt man den prachtvollen weiten Innenraum der gewaltigen Basilika, in der auf über 14 000 Quadratmetern mehr als 50 000 Menschen Platz finden. Klaus Metelmann

Artikel vom 25.03.2006