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Bayerns Innenminister Günther Beckstein

»Der Schutz in Hannover und Hindelang hat Vorrang vor der Verteidigung am Hindukusch.«

Leitartikel
Luftsicherheitsgesetz

Nicht jede
Antwort
ist erlaubt


Von Dirk Schröder
Bundespräsident Horst Köhler hatte bereits vor gut einem Jahr arge Bauchschmerzen, als er das Luftsicherheitsgesetz der damaligen rot-grünen Bundesregierung unterschrieb. Seine Bedenken: Das Gesetz ermögliche im Falle eines von Selbstmordattentätern entführten Zivilflugzeuges, dass Leben zugunsten anderen Lebens geopfert werde.
Es ist richtig, dass das Bundesverfassungsgericht jetzt klargestellt hat, dass die Befugnis zum Abschuss entführter und als Waffe eingesetzter Flugzeuge weder mit dem Recht auf Leben noch mit der Garantie der Menschenwürde vereinbar ist.
Das Gesetz war seinerzeit unter dem Eindruck der Terrorangriffe vom 11. September 2001 sowie dem glimpflich beendeten Irrflug eines geistig verwirrten Mannes mit einem Motorsegler im Januar 2003 über Frankfurt auf den Weg gebracht worden.
Natürlich ist es die Aufgabe einer jeden Regierung, ihre Bürger nach besten Möglichkeiten zu schützen. Und der zunehmende weltweite Terror erfordert neue Antworten - auch zur inneren Sicherheit in Deutschland.
Die Flugzeuge werden immer größer, bald schon fliegen in einem einzigen 600 und mehr Menschen durch die Lüfte. Wer wollte hier den Befehl zum Abschuss geben und in welche Gewissenskonflikte würden die Bundeswehr-Piloten gestürzt? Überhaupt sollte sich doch niemand der Illusion hingeben, die Luftwaffe könnte in unserem dicht besiedelten Deutschland das Problem lösen.
Die Karlsruher Richter haben mit ihrem Spruch den Staat aber nicht zur Handlungsunfähigkeit verurteilt. Wenn wild entschlossene Terroristen sich erst einmal ein Flugzeug gekapert haben, ist es eh zu spät. Das bedeutet doch, in den scharfen Kontrollen vorher nicht nachzulassen und technische Möglichkeiten zu entwickeln, die eine Benutzung von Flugzeugen als Waffe ausschließen.
Das Urteil fällt mitten in die Diskussion um den inneren Einsatz der Bundeswehr während der Fußball-Weltmeisterschaft. Auch wenn Verfassungsexperten der Auffassung sind, das Grundgesetz lasse das Wacheschieben von Soldaten vor Fußball-Stadien zu, wenn denn der politische Wille vorhanden ist, sollte diese Diskussion doch schnellstens beendet werden.
Dies ist und bleibt Aufgabe der dafür ausgebildeten Polizei. Die Bundeswehr sollte hier nicht den Lückenbüßer spielen. Es gibt genug private Wachleute, die einspringen könnten.
Bei Naturkatastrophen oder schweren Unfällen hilft die Bundeswehr doch schon heute - mehr aber erlaubt das Grundgesetz bisher nicht.
Zugegeben, die Bedrohungslage ist heute eine andere als noch vor einigen Jahren. Deshalb sollte das Grundgesetz den Bundeswehreinsatz im Innern unter ganz engen Voraussetzungen erlauben. Diese Diskussion sollte nun geführt werden - aber bitte sachlich und nicht mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft.

Artikel vom 16.02.2006