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Der lange Weg auf den Gipfel

Mit 34 Jahren erreicht Biathlet Sven Fischer das Traumziel seiner Karriere

Turin (WB). Als am Abend um 20.15 Uhr auf Turins »Medal Plaza« die Nationalhymne nur für ihn erklang, schimmerten die Augen verdächtig feucht: Biathlon-Olympiasieger Sven Fischer wurde einfach überwältigt von den »goldigen« Gefühlen seines größten Triumphs.Medaillen-Aussicht: Sven Fischer blickt voll durch.
Mit 34 Jahren feierte er den bedeutensten Erfolg seiner Karriere, vom Einzelsieg in einem Olympischen Rennen hatte Fischer immer geträumt. Und es gibt niemanden unter den Konkurrenten, der ihm dies nicht gönnt. »Aber jetzt werden wir ihn besonders verfolgen«, sagte der norwegische Silbermedaillengewinner Halvard Hanevold und lächelte in Richtung seines Freundes: Denn der »Länderkampf« zwischen den favorisierten Norwegern und ihren deutschen Herausforderern, er könnte sich auch bei den kommenden Entscheidungen und besonders in der Staffel fortsetzen.
Die hatte Fischer schon 1994 und 1998 mit der Mannschaft gewonnen. Einen Vergleich zwischen den drei Goldmedaillen mochte er zwar nicht anstellen, doch eines stellte der Olympiasieger klar: »Allein oben zu stehen, ist das Größte.« Nun hofft er, die optimale Ausgangsposition, die ihm der in seinem Heimatort Schmalkalden begeistert gefeierte Sieg im Sprintrennen verschafft hat, auch in der Verfolgung am Freitag zu einer weiteren Spitzen-Platzierung nutzen zu können.
An seinem Ziel angekommen ist Sven Fischer allerdings schon. Wenn er auf seine lange, erfolgreiche Laufbahn zurückblickt, so kommt sie ihm vor wie eine Berg-Tour in Richtung der höchsten Spitzen. »Zuerst gibt es ein Basislager, danach nähert man sich Schritt für Schritt dem Gipfel. Und wenn man den endlich erreicht hat, ist es einfach der Wahnsinn.«
Dank sagte Fischer all jenen, die ihn auf seinem Weg nach oben begleiteten oder auch an der Basis immer eine Hilfe sind. Die Eltern Helga und Willy, seine Lebensgefährtin Doreen und die kleine zweijährige Tochter Emilia-Sophie sind die Eckpfeiler in Fischers Leben, das nicht immer voller Freude war. Eine Zeit lang lebte Fischer in Norwegen mit seiner Partnerin Annette Sikveland zusammen. Als die Beziehung auseinanderbrach, litt der Biathlet sehr darunter. Auch gesundheitliche Rückschläge gab es immer wieder. Noch im vergangenen Jahr musste Fischer eine schwere Daumenverletzung überwinden, die ihn genauso gut die Fortsetzung der Karriere hätte kosten können.
»Der Olympiasieg entschädigt für die Quälerei und so manche Entbehrung«, sagte er in Turin. Doch ob es noch einen weiteren Biathlon-Winter für den mehrfachen Weltmeister und Gesamtweltcupsieger geben wird, ließ er offen. »Ich werde im Frühjahr sehen, ob Körper und Geist immer noch eine Einheit bilden. Danach treffe ich meine Entscheidung.«

Artikel vom 16.02.2006